Zum Abschluss Öffentlicher Dienst:
Der Abschluss im Öffentlichen Dienst zeigt, dass der katastrophale Metaller*innen-Abschluss kein “Ausrutscher” war, sondern die Strategie der Gewerkschaft offenbar der Logik von Regierung und Unternehmen folgt und den Beschäftigten die Kosten der kapitalistischen Krise aufhalst. Damit ist klar: Auch in anderen Bereichen wie z.B. dem schlecht bezahlten Handel droht das Aufschnüren von Verträgen und ähnlich schlechte Kollektivvertragsabschlüsse! Einige konkrete Punkte zum Abschluss:
- Es ist kein Beamtenabschluss sondern betrifft alle Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, Bundes-, Landes- und Gemeindebedienstete sowie Kollektivverträge, die sich daran orientieren. Also Pfleger*innen, Busfahrer*innen, Müllabfuhr, Lehrer*innen, alle in der Verwaltung und, und, und…. Dass Politik und Medien von “Beamten” reden, dient zur Hetze und Irreführung. Der Abschluss betrifft rund 800.000 Menschen und damit etwa jedeR 6. Berufstätige in Österreich sowie ihre Familien, also weit über 1 Million Menschen.
- Wenn Marterbauer behauptet, dass “die Kaufkraft bei niedrigen Gehältern erhalten werden konnte“, dann kann er entweder nicht rechnen oder lügt. Für ALLE Gehaltsgruppen bedeutet der Abschluss Reallohnverluste – und zwar für mindestens 4 weitere Jahre. Denn alle Prognosen gehen von einer Inflation aus, die weit über den “Erhöhungen” der Löhne und Gehälter liegt. Und dabei ist noch gar nicht eingerechnet, dass die tatsächliche Inflation weit über der offiziellen liegt, weil Preistreiber wie z.B. Wohnen nur mit weniger als 5% der Ausgaben bei der Inflationsberechnung berücksichtigt sind.
- Die Regierung verbreitet mit dem Abschluss die Lüge von der “Lohn-Preis-Spirale”. ÖGB, AK und andere Expert*innen haben immer wieder aufgezeigt, dass die Teuerung nicht durch angeblich “zu hohe” Löhne erzeugt wird, sondern durch hohe Profite (z.B. bei Banken) oder die erhöhten Lebensmittelpreise. Nun sind es auch SPÖ-Regierungsvertreter*innen – auch solche die aus ÖGB und AK kommen – die die Lüge der Kapitalist*innen von der “Lohn-Preis-Spirale” mitbeten. Wir Beschäftigten sollen für eine Krise bezahlen, die wir nicht verursacht haben: wir haben keine milliardenschweren Corona-Hilfen bekommen, wir profitieren nicht von den Milliarden, die an Dividenden und Gewinnen ausbezahlt werden, wir verdienen nicht an Spekulation und überteuerten Mieten!
- Der Öffentliche Dienst geht als neoliberales Vorbild voran – die Privatwirtschaft wird folgen. Schon länger ist der Öffentliche Dienst für (verbotene) Kettenverträge, (verbotene) Verzögerung bei Verträgen, (verbotene) Verzögerung bei Lohnauszahlung verantwortlich. Nun war es der Öffentliche Dienst, der einen Kollektivvertrag wieder aufgemacht hat. Und nun einen 3-Jahres-Reallohnverlust-Vertrag abschließt (um ihn dann nächstes Jahr wieder aufzumachen, wenn er immer noch “zu hoch” ist?). Die Kapitalist*innen in Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung jubeln und werden sich daran ein Beispiel nehmen. Kein Kollektivvertrag ist mehr sicher, keine Betriebsvereinbarung, überhaupt kein Recht das sich die Beschäftigten mühsam erkämpft haben.
- Die Gewerkschaften GÖD (ÖVP-dominiert) und younion (SPÖ-dominiert) haben ihre Mitglieder verkauft und verraten. Wenn nun versucht wird, das Ergebnis als Erfolg zu verkaufen, dann ist das mehr als Realitätsverweigerung. Die Administrator*innen der Sozialen Medien der GÖD z.B. kommen gar nicht mehr damit nach, die ganzen kritischen Beiträge zu löschen um den Unmut zu verschleiern. Der Abschluss ist das Eingeständnis, dass man gar kein Interesse daran hat, die Beschäftigten ernsthaft zu vertreten. Wer solche “Freunde” hat, braucht keine Feinde mehr. Die Regierung hat mit Nulllohnrunden gedroht, die Gewerkschaftsführung hat nicht einmal versucht, die Mitglieder einzubeziehen oder zu kämpfen. Stattdessen hat sie das “Argument” der leeren Kassen und der Sachzwänge akzeptiert. Die Vermögen der Superreichen, die Gewinne der Konzerne und die Tatsache, dass viele Milliarden in die Aufrüstung gesteckt werden, wurde einfach ignoriert.
- Kleineres Übel ist großes Übel: Wenn argumentiert wird, dass ja die Nulllohnrunden 2027 und 2028 verhindert wurden, dann fällt man auf die Erpressungspolitik der Regierung herein. Die Niederlage ist, dass ein bereits erzielter Abschluss wieder aufgeschnürt wurde – ohne Widerstand oder Mobilisierung durch die Gewerkschaftsführung dagegen. Was hindert die Regierung den Abschluss nächstes Jahr nochmals zu öffnen und eine Nulllohnrunde oder eine Erhöhung knapp über Null durchzusetzen – wenn das Öffnen bereits dieses Jahr durchging? Es wird ausgetestet wie viel ohne Widerstand durchgeht. Es ist nötig zu mobilisieren und der Regierung mitzuteilen: Ihr habt eine Menge roter Linien überschritten, das nehmen wir nicht hin.
- Der Profiteur von diesen Abschlüssen ist die FPÖ. Zwar macht sie, wenn sie an der Macht ist, genau dasselbe, aber aktuell kann sie sich als Vertreterin der Beschäftigten darstellen. Die Regierung, die als Bollwerk gegen die FPÖ angetreten ist, legt dieser den roten Teppich aus. Babler könnte als der SPÖ-Vorsitzende in die Geschichte eingehen, der die FPÖ endgültig in die Regierung gebracht hat. Es zeigt sich deutlich: wer den Rassismus der FPÖ übernimmt und Sozialabbau und Lohnkürzungen betreibt, hilft mit, die extreme Rechte zu stärken.
Was tun?
Die Welle der Wut ist – ähnlich wie nach dem Skanalabschluss der Metaller*innen – unter den Beschäftigten groß. Das Vertrauen in die Gewerkschaften ist damit nachhaltig gestört, die Postfächer quellen von Austrittsschreiben über. Dabei brauchen wir gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise echte, kämpferische Gewerkschaften. Die Lösung ist also nicht, sich zu ärgern und austreten. Die Lösung ist, eine kämpferische Gewerkschaftsopposition aufzubauen. Schließen wir uns zusammen:
- Für Abschlüsse, die die Teuerung ausgleichen.
- Für mehr Personal bei Gesundheit, Pflege, Bildung, Sozialem.
- Für den Kampf um jeden Arbeitsplatz: drohen Firmen mit Stellenabbau oder Schließung, dann Übernahme der Firmen durch die Öffentliche Hand – aber unter demokratischer Verwaltung der Beschäftigten.
- Schluss mit dem Ausspielen von Beschäftigtengruppen gegeneinander: Für eine Finanzierung aus den Vermögen der Superreichen und den Gewinnen der Konzerne.
- Holen wir uns unsere Gewerkschaften zurück: Weg mit diesen Führungen!
- Urabstimmungen über Verhandlungsergebnisse!
- Die Gewerkschaft muss sich an den Interessen der Mitglieder, nicht jener der Kapitalist*innen orientieren – wir mögen im selben Boot sitzen, aber die einen schuften, die anderenchillen am Oberdeck!
- Die Gewerkschaften müssen wieder Kampforganisationen werden – mit aktiver Einbindung der Mitglieder, mit Demonstrationen und auch Streiks!
- Wähl- und Abwählbarkeit der Führung jederzeit, wenn 10% der Mitglieder das verlangen – unabhängig von den Gewerkschaftskongressterminen.
- Eine Führung, die nicht mehr verdient als ihre Mitglieder, damit sie die Auswirkungen ihrer Abschlüsse spürt.
- Schluss mit der Packelei mit SPÖ und ÖVP: Gewerkschaften dürfen nicht abhängig sein von solchen Parteien, die sich gegen die Beschäftigten richten. Stattdessen ist es nötig eine echte neue Arbeiter*innenpartei aufzubauen!
