Der KV-Abschluss in der Metallindustrie ist ein Desaster für die Metaller*innen und die Gewerkschaftsbewegung. Schon am ersten Verhandlungstag, also ohne auch nur irgendeinen Anschein von Gegenwehr, stimmten die Gewerkschaftsführungen von PRO-GE (für die Arbeiter*innen) und GPA (für die Angestellten) den Wünschen der Kapitalseite zu. Wir wissen: Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren. Das Ganze wird als Erfolg verkauft mit dem Hinweis, dass ja eine Nulllohnrunde verhindert wurde – ähnlich wie die Pensionskürzungen vom Bund gerechtfertigt werden, weil die Industriellenvereinigung Arbeiten bis 70 fordert. Klar fordern die Kapitalist*innen weitergehende Forderungen, damit sie die Resultate erhalten, auf die sie abzielen. Die Tatsache, dass die Unternehmen sofort den Abschluss angenommen haben, zeigt, dass sie ziemlich genau das bekommen haben, was sie wollten – nämlich einen Abschluss auf EU-Inflation.
Der Abschluss über zwei Jahre bringt bei einer aktuellen offiziellen durchschnittlichen Jahresinflation von 2,7 % (die in Wirklichkeit viel höher liegt, da die großen Preistreiber Wohnen, Energie und Lebensmittel in dieser Berechnung untergewichtet sind) ab 1.11.2025 eine Erhöhung der KV-Mindestlöhne und -gehälter von 2 % und der tatsächlich von den Unternehmen bezahlten Ist-Löhne und -Gehälter überhaupt nur 1,41 % (also etwas mehr als die Hälfte der 2,7 %) und ab 1.11.26 (2,1 % bzw. 1,9 %). Die Österreichische Nationalbank schätzt die Inflation in 2025 auf 3,5 % und erwartet in 2026 ein Absinken auf 2,4 % und 2027 auf 2,3 %. Einmal davon abgesehen, dass solche Prognosen in den letzten Jahren meist nach oben revidiert werden mussten, bedeutet diese Prognose auch für 1.11.26 einen massiven Reallohnverlust!
Dementsprechend wütend und unzufrieden sind jetzt die Beschäftigten in der Metallindustrie, aber auch in anderen Branchen. Klar ist, dass die Betroffenen mit diesem Abschluss, der über ihre Köpfe hinweg geschlossen wurde, nicht einverstanden sind. Es geht um ihren Lohn / ihr Gehalt, darum müssen sie ein Recht darauf haben, über den Abschluss auf demokratische Weise diskutieren und letztlich in Form einer Urabstimmung abstimmen zu können, ob sie mit dem Abschluss einverstanden sind oder um einen besseren (weiter-)kämpfen wollen. Die Gewerkschaften müssen eine solche demokratische Mitbestimmung ihrer Mitglieder organisieren.
Mit diesem Abschluss ging die Gewerkschaftsführung angesichts der Wirtschaftskrise aus Angst vor weiteren Betriebsschließungen und Entlassungen vor den Bossen in die Knie. Dabei hat Lohnverzicht noch nie irgendwelche Arbeitsplätze gerettet (mehr dazu am Beispiel KTM findet ihr in unserer Stellungnahme zum Sparkurs von Bund und Ländern) – sondern sichert die Profite der Unternehmen. Ein Beispiel ist hier auch die teilstaatliche OMV, die allein in Österreich trotz Milliardengewinnen etwa 400 Stellen abbauen will (rund um den Globus ist ein Stellenabbau von mehr als 2000 geplant). Außerdem gibt es von Seiten der Unternehmen keinerlei Zusage oder Garantie, aufgrund des Lohnverzichts keine weiteren Stellen zu streichen. Tatsächlich schwächt die defensive Haltung der Gewerkschaftsführung nur die eigene Stellung – sie verliert Unterstüzung bei der Basis, die ihr immer weniger zutraut und dadurch weniger mobilisierbar wird.
Sollen wir so lange Lohnverzicht üben, bis unser Lohnniveau auf 3. Welt-Niveau abgesenkt wurde? Selbst dann wirken die Widersprüche des kapitalistischen Wirtschaftssystems wie Konkurrenz, Überkapazitäten, Investitionsstreik der Kapitalist*innen, wenn sie keine Aussicht auf genügend Profit sehen etc. Das wirksamste Mittel zur Sicherung von Arbeitsplätzen ist der gewerkschaftliche Kampf in Form von Arbeitskampf und Streik um jeden Arbeitsplatz, verbunden mit der Forderung nach Aufteilung der Arbeit auf alle Arbeitenden durch Arbeitszeitverkürzung. In einem solchen Kampf muss auch die Offenlegung der Geschäftsbücher gefordert und erkämpft werden. So wird sichtbar, wie es um die Finanzen tatsächlich ausschaut und vor allem wohin die Gelder, die von den Beschäftigten erwirtschaftet (und vom bürgerlichen Staat in Form von “Wirtschaftshilfe” zugeschossen) wurden, wirklich geflossen sind – in Investitionen (welche?) oder in Dividenden und Gewinnausschüttungen an die Eigentümer. Denn Gewinne schreiben die Konzerne ordentlich – nur einige Beispiele aus 2024: VOEST-Alpine 1 Milliarde Jahresüberschuss (davon wurden letztes Jahr 100 Millionen an Dividende ausgeschüttet und auch für 2025 ist der selbe Betrag geplant), Andritz 450 Millionen, MIBA AG geschätzte 100 Millionen, RHI Magnesita ca. 250 Millionen, AMAG ca. 80 Millionen. Die Familie Mitterbauer, Eigentümerin der MIBA AG, zählt zu den 100 reichsten Familien in Österreich und hat ein geschätztes Vermögen von rund 1,05 Milliarden Euro.
Die “kreative Lösung” – Originalton Binder, Chef der PRO-GE – entpuppt sich in Wirklichkeit als Kapitulation der Gewerkschaftsführung. Das bringt nicht nur den Beschäftigten in der Metallindustrie in diesem und im nächsten Jahr spürbare Reallohnverluste, sondern schwächt auch die anderen Branchen, die noch in Lohnverhandlungen stehen bzw. demnächst in solche eintreten werden.
Der Metall-Abschluss ist eine Warnung für die anderen Branchen – umso mehr ist es nötig, Druck von der Basis aus aufzubauen, um dem Druck der Unternehmen standzuhalten.
Den stärkeren Gegenwind spüren schon die KV-Verhandler*innen bei den Eisenbahnen, die zumindest bis jetzt offiziell einen echten Teuerungsausgleich anstreben. Mit dem Abschluss in der Metallindustrie schaltet die Kapitalseite auch dort auf eine härtere Gangart und fordert Reallohnverzicht. Wichtig ist daher, dass die Gewerkschaft vida ihren Kurs beibehält und beginnt, Kampfmaßnahmen vorzubereiten, um ihre Forderung nach einem Abschluss ohne Reallohnverlust auch gegen den Widerstand der Kapitalseite durchzusetzen.
Auch im Öffentlichen Dienst, der einen großen Bereich von Arbeiter*innen und Angestellten in Bund, Ländern und Gemeinden in der Bildung (Lehrer*innen, Kindergärtner*innen), Krankenpleger*innen, Infrastruktur (Post, Öffis, Müllabfuhr etc.) umfasst, kommt die Führung der GÖD (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst), die schon zuvor mehr als offen für ein Aufschnüren und Neuverhandeln des Abschlusses für 2026 war, nach dem Metaller*innen-Abschluss noch mehr unter Druck, dieser Forderung der Regierung nachzugeben, um auch “ihren Beitrag zu leisten” (zum Sparen auf dem Rücken der Beschäftigten!).
Ähnlich kann es sein, dass die Gewerkschaftsführungen in den übrigen Branchen, die im Herbst/Winter in Lohnverhandlungen eintreten, unter Hinweis auf das Ergebnis bei den Metaller*innen versuchen, miese Abschlüsse zu rechtfertigen, sofern es kämpferisch gesinnten Kolleg*innen nicht gelingt, genügend Gegendruck von unten aufzubauen. Die GPA-Führung betont zwar, dass der Metallabschluss “den besonderen Bedingungen der Branche” geschuldet ist, aber der Zugang, echte Reallohnerhöhungen nur in Branchen zu gewähren, die weniger wirtschaftlich unter Druck stehen, zeigt, dass die Gewerkschaftsführung prinzipiell akzeptiert, dass in der Krise die Beschäftigten zahlen müssen. Die Argumentation muss aber bei den Bedürfnissen der Beschäftigten ansetzen und darf sich nicht auf eine Debatte darüber einlassen, wie viel wirtschaftlichen Spielraum die Kapitalist*innen haben. Dazu benötigen wir Gewerkschaften, die sich nicht auf die Logik des Kapitalismus beschränken. Es heißt schließlich Klassenkampf und ist ein Kampf darüber, wie viel Anteil am Mehrwert die Beschäftigten und wie viel die Kapitalist*innen einsacken. Um dem Argument, es gäbe ja keine Kampfbereitschaft in den Belegschaften aus Angst vor Jobverlusten, entgegenzuwirken, muss ein Programm entwickelt werden, das sich sowohl gegen Personalabbau, Betriebsschließungen, Verschlechterungen und die Sparpläne von Bund und Land richten. Denn mit einem gemeinsamen Kampf für all diese Forderungen kann die Kampfkraft gebündelt werden und die berechtigten Ängste der Kolleg*innen aufgegriffen werden.
Was also jetzt tun?
Es ist verständlich, wenn sich angesichts dieser Bankrott-Erklärung der Gewerkschaftsführung Beschäftigte von den Gewerkschaften abwenden. Doch dadurch ändert sich nichts. Im Gegenteil: Wenn die kritischen, wütenden, kampfbereiten Kräfte aus den Gewerkschaften austreten, stärkt das die kapitulantenhafte Politik der Gewerkschaftsführung.
Wollen wir den Weg der ständigen Verschlechterungen aufhalten, ist es vielmehr notwendig, dass sich die Kräfte, die für einen anderen, einen kämpferischen Kurs der Gewerkschaften zur Verteidigung unserer Reallöhne und gegen die Kürzungen im Bund und in den Ländern eintreten, organisieren und darum kämpfen, die Gewerkschaften wieder zu Kampforganisationen zu machen.
Beteilige dich daher mit uns:
– an der Gründung von Betriebsgruppen – in Form von Stammtischen bis hin zu regelmäßigen Gruppentreffen – wo betriebliche und gewerkschaftliche Probleme und deren Lösung besprochen werden und wie darum gekämpft werden kann
– beim Konfrontieren des Betriebsrates, dass ein anderer Kurs der Gewerkschaften notwendig ist – verbunden mit der Aufforderung, eine Betriebsversammlung abzuhalten, auf der über das Ergebnis bei den Metaller*innen diskutiert und abgestimmt werden soll
– an der Durchführung einer Abstimmung im Betrieb / in der Dienststelle etc. wenn die Gewerkschaftsführung nicht dazu bereit ist, eine Urabstimmung nach einer demokratischen Diskussion zu organisieren – das Ergebnis soll dann an die Gewerkschaftsführung weitergeleitet werden, um damit die Ablehnung des gewerkschaftlichen Kurses zu dokumentieren
– bei der Vernetzung der kämpferischen Betriebe und Gewerkschaftsmitglieder für einen gewerkschaftlichen Kurswechsel
Mit folgenden Forderungen:
– Für echte Reallohnerhöhungen!
– Kampf um jeden Arbeitsplatz, gegen Personalabbau und Betriebsschließungen!
– Keine Kürzungen zu Lasten der Arbeiter*innenklasse durch Bund und Länder
– Es braucht echte demokratische Debatten und Diskussionen über die Erstellung der Forderungen und den Abschluss in den Betrieben und den Gewerkschaftsstrukturen – dafür gilt es Druck aufzubauen!
– Für kämpferische und demokratische Gewerkschaften
