Am Peršmanhof treffen sich derzeit rund 60 Personen des antifaschistischen Camps, alles junge Erwachsene aus Österreich, Italien und Slowenien. Das Camp beschäftigt sich mit Themen anlässlich des 80. Gedenkjahres des Endes des Zweiten Weltkrieges. Dabei sind in Form von Vorträgen und Workshops sowohl die Rolle des Antifaschismus in Österreich und Europa, als auch Formen des würdigen Gedenkens diskutiert worden, so der Verein Peršmanhof. Veranstaltet wird das Camp vom Club Slowenischer Studierender in Wien.
Am 27. Juli stürmten über 30 teils schwer bewaffnete Polizisten mit sieben Polizeifahrzeugen das Camp auf der Partisanen-Gedenkstätte, unterstützt mit Helikopter, Hundestaffel und Drohnen. Auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und der Verfassungsschutz waren zugegen. Als Gründe für den Polizeigroßeinsatz werden Verwaltungsübertretungen nach dem Naturschutz- und dem Kärntner Campingplatz-Gesetz und „sittenwidriger Umgang mit der Gedenkstätte“ (?!) genannt.
Organisiert wurde dieser beispiellose Angriff durch die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt/Velikovec. Leiter dieses Organs ist derjenige, der über Jahre hinweg das Ustaša-Treffen in Bleiburg/Pliberk ermöglichte. Seit 2023 darf diese Veranstaltung nicht mehr stattfinden. Bei den Treffen wurde das faschistische Ustaša-Regime verherrlicht und es kam wiederholt zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Regelmäßig hatte es auch Festnahmen wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz gegeben.
Gibt es da etwa einen Zusammenhang mit dem Polizeiübergriff? Laut einem Bericht der „Presse“ von Anfang Mai gibt es mit einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof durch einen obskuren „Verein Bleiburger Ehrenzug“ den Versuch, dieses Verbot zu Fall zu bringen.
Warum dieser Angriff
Der Großeinsatz der Exekutive hat mehrere Aspekte: die Einschüchterung von Antifaschist*innen und anderen linken Aktivist*innen, das Austesten von neuen Grenzen polizeilicher Repression und wohl auch einen Machtkampf zwischen verschiedenen staatlichen Ebenen. Die wirtschaftliche Krise des Kapitalismus führt weltweit und auch in Österreich zunehmend zu Widerstand und Protesten. Das ist potentiell bedrohlich für den Kapitalismus. Wir sehen eine Zunahme staatlicher Repression, die von Anfang an klar macht, dass Widerstand unerwünscht, gefährlich und entsprechend zu unterdrücken ist. Heute wird von Teilen des Staatsapparats gegen antifaschistische Aktivist*innen vorgegangen, morgen gegen streikende Arbeiter*innen, gegen Pfleger*innen, die Spitäler und Lehrer*innen, die Schulen lahm legen. International setzen nicht nur rechte Regierungen wie Trump & Co sondern auch “normale” kapitalistische Regierungen auf zunehmend autoritäre Maßnahmen. Der “liberale” Macron regierte jahrelang mit Ausnahmegesetzen, in vielen Ländern wird das Streikrecht eingeschränkt. Kapitalistische Regierungen beginnen zunehmend, die Grenzen auszutesten, wie weit sie demokratische Rechte wie das Demonstrationsrecht, das Recht auf freie Meinungsäußerung, aber eben auch Rechte der Arbeiter*innen einschränken können. Wer für das Recht auf Selbstbestimmung von Palästinenser*innen eintritt, wird als “Antisemit*in” diffamiert und kriminalisiert, die Polizei schützt die Aufmärsche von Neofaschist*innen und greift Antifaschist*innen an. Dass SPÖ-Chef Babler den Angriff auf den Peršmanhof kritisiert, ist gut, doch müssen den Worten echte Taten folgen. Das ist nicht zu erwarten. Vielmehr zeigt der Angriff auch Konflikte zwischen verschiedenen Teilen der herrschenden Klasse. Gerade in Polizei und Armee hat die FPÖ viele Unterstützer*innen und hat ihre Leute unter ihrer Regierung in einflussreiche Positionen gebracht. Der Angriff ist nicht nur zu kritisieren, sondern muss auch als Warnung und als Auftrag zum Widerstand gesehen werden.
Dazu genügt aber kein runder Tisch, wie von Landeshauptmann Kaiser für Mittwoch angekündigt, oder wie von Vizekanzler Babler gefordert eine „multiprofessionelle Analyse der gesamten polizeilichen Maßnahmen am Peršmanhof“. Es ist nicht falsch, aber völlig unzureichend, wenn die Grünen auch Innenminister Karner in die Pflicht nehmen wollen.
Eine restlose Aufklärung der skandalösen Vorkommnisse muss von einer Untersuchungskommission erfolgen, die aus antifaschistischen Einrichtungen und Organisationen wie dem KZ-Verband oder dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), Aktivist*innen und Organisationen der Arbeiter*innenbewegung zusammengesetzt ist. Es gilt herauszuarbeiten, wer die politisch Verantwortlichen sind, unmittelbar, aber auch auf Bundesebene. Zu einer solchen Aufarbeitung müssen alle Dokumente und Unterlagen öffentlich gemacht werden – kein Verstecken hinter dem “Amtsgeheimnis” oder anderen Vorwänden für Geheimhaltung.
Gleichzeitig ist es notwendig, dass die antifaschistische Bewegung auch politisch diesem Angriff entgegentritt. Wir unterstützen daher die
Kundgebung gegen die Kriminalisierung von Minderheiten und Antifaschismus am Donnerstag, 31.7., um 17.00 Uhr in der Herrengasse 7 in Wien und rufen dazu auf, daran zahlreich teilzunehmen.
