Kämpferische Forderungen getauscht gegen Sitz in Kürzungskoalition

Vor zwei Jahren ist Andreas Babler mit dem Anspruch, die SPÖ wieder zu einer Arbeiter*innen-Partei zu machen, gestartet. Er hat vieles richtig thematisiert, was in der Gesellschaft und der SPÖ in den letzten Jahrzehnten falsch gelaufen ist.

Von Albert Kropf, SO Wien

Dieser Artikel erschien in Offensiv Nr. 21

Plötzlich wurde wieder über Umverteilung, Steuergerechtigkeit für normale Menschen, Arbeitszeit und selbst Marxismus öffentlich gesprochen. Bei Bildung und Gesundheit ging es nicht darum, wo gekürzt, sondern ausgebaut werden sollte. Damit hat er vielen Menschen aus dem Herzen gesprochen. Binnen weniger Wochen sind über 10.000 Menschen wieder der SPÖ beigetreten, ein Schub wie seit den 1970er Jahren nicht mehr! Die Partei des Stillstands und Verwaltens hatte plötzlich wieder eine Perspektive für die Vielen. Aber Babler war nicht der einzige und auch nicht der erste: Sanders in den USA, Melenchon in Frankreich, die Linke in Deutschland oder Corbyn in Großbritannien. Überall zeigt sich, wie wichtig es ist über den eigenen und den kapitalistischen Tellerrand zu sehen und sich auch international zu vernetzen. Sanders und Corbyn waren bei Bablers Start bereits gescheitert und von der jeweiligen Parteibürokratie gestürzt bzw. mundtot gemacht worden. Aber gerade daraus hätte Babler wichtige Lehren ziehen können. Beide hatten es verabsäumt, ihre Kandidaturen auch organisatorisch mit breiten Kampagnen abzusichern. Sie haben sich stattdessen auf die existierenden Parteistrukturen verlassen. Babler wiederholte das…

KPÖ & Babler haben Potential gezeigt

Fast gleichzeitig mit Babler fand auch ein rasanter Aufstieg der KPÖ statt. Bei Umfragen erreichte sie zeitweise knapp 8%. In der Stadt Salzburg unterlag sie erst in der Stichwahl um den Bürgermeistersessel, in Innsbruck gelang der Einzug in den Gemeinderat. In Graz hält die KPÖ ja schon seit 2022 das Bürgermeisterinnenamt. Babler 2020 und die KPÖ zeigen das enorme Potential, dass es für eine echte linke, eine kämpferische und sozialistische Alternative gibt. Doch dieses Potential wurde nicht ausgeschöpft. Babler ist gescheitert, die Entwicklung der KPÖ ist noch offen. Babler hat darauf verzichtet, eine breite Kampagne mit eigenen Strukturen und Einbindung der Betroffenen auf die Füße zu stellen und damit neue Schichten anzusprechen. Das wäre eine gute Möglichkeit gewesen, eine stabile Basis aufzubauen. Babler hätte damit einerseits seine Position unabhängig von der Parteibürokratie stärken können. Und anderseits Menschen, die (aus gutem Grund) nicht bereit waren, in die wenig attraktiven Strukturen der SPÖ einzutreten an sich und sein Programm zu binden. Das hätte nicht nur auch Druck auf die Gewerkschaften gemacht sich zu beteiligen, sondern wahrscheinlich auch viele Wähler*innen der FPÖ angesprochen und aus diesem Dunstkreis wieder herausgeholt. Das Potential dafür war da.

Babler ohne Basis

Heute, zwei Jahre später, müssen wir sagen, dass das Projekt Babler auf voller Länge gescheitert ist. Babler hat zwar die SPÖ wieder in die Regierung und an viele Posten gebracht, aber mit dem schlechtesten Ergebnis und als Juniorpartner zwischen ÖVP und NEOS im „Schwitzkasten“. Im Regierungsprogramm findet sich viel von ÖVP, NEOS und auch der FPÖ. Dass von FPÖ und ÖVP ausverhandelte Sparpaket wurde eitgehend übernommen. Auch in der Flüchtlings- und Migrationspolitik ist die FPÖ-Handschrift zu erkennen. Die Kürzungen, die Babler jetzt zu verantworten hat, spielen außerdem der FPÖ in die Hände, die sagen kann: Schaut her, was die Linken machen. Von Bablers Forderungen von vor zwei Jahren ist außer symbolischer Überschriften kaum was übrig. Wie schon Rendi-Wagner ist Babler jetzt ein Kompromisskandidat ohne eigenen Spielraum und Parteibasis.

Die Euphorie unter Teilen der Arbeitenden und der Gewerkschaftsbasis von vor zwei Jahren ist völlig verflogen. Ein Großteil der neu eingetreten ist schon wieder weg. Babler und seine Berater*innen haben seinem Programm und seiner Kandidatur keine organisatorische Basis gegeben, um die Partei nicht
zu spalten. Nun hat die Parteibürokratie ihn von seinen ehemaligen Unterstützer*innen abgespalten. Babler ist eine weitere vertane Chance auf dem Weg, eine neue Arbeiter*innenpartei aufzubauen. Das Positive ist, dass bei jedem Versuch Erfahrungen gesammelt werden. Aus denen müssen wir lernen: ein neues Projekt muss v.a. konsequent sein, es darf den Blick auf die “großen” Zusammenhänge nicht verlieren um sich mit faulen Kompromissen oder kleinen Verbesserungen zu begnügen, es muss an konkreten Kämpfen ansetzen und sich eine echte Basis von Aktivist*innen aufbauen. Dann wirds auch was mit der neuen Arbeiter*innenpartei.