Am 25. November jährt sich der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen.

So geht Widerstand: Campaign against domestic violence

Von Gerhard Ziegler, SO Linz

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der aktuellen Ausgabe von Offensiv (Nr. 17)

Das Leben von Frauen in Österreich ist nicht sicher. Bei Redaktionsschluss sind über 20 Frauen ermordet worden. Laut AÖF (Autonome Österreichische Frauenhäuser) gab es außerdem mindestens 34 Mordversuche bzw. schwere Gewalt an Frauen. Laut Statistik Austria sind 23% der Frauen über 15 Jahren körperlicher Gewalt und 24 % sexueller Gewalt ausgesetzt; 7% der Kinder unter 15 erfahren sexuelle Gewalt. 22% der Frauen werden durch Stalking und 27% am Arbeitsplatz belästigt. Gewalt und sexistische Übergriffe finden häufig in den eigenen vier Wänden statt, oft auch am Arbeitsplatz. Betriebsräte und Gewerkschaften müssen dagegen entschieden vorgehen. Denn Sexismus am Arbeitsplatz oder anderswo schadet uns als Arbeiter*innenbewegung, führt zu Spaltung unter Kolleg*innen und macht den gemeinsamen Kampf um unsere Rechte schwieriger.

1992 lancierte Militant, unsere Schwesterorganisation in England (heutiger Name: Socialist Party) eine beispielgebende Kampagne gegen häusliche Gewalt (Campaign against domestic violence – CADV). Ein Justizskandal, der drastisch die gesellschaftliche Ungleichbehandlung von Mann und Frau zeigte, war Auslöser. Fast zeitgleich wurde ein Mann, der seine Frau ermordete, weil er “ihren psychischen Terror nicht mehr aushielt”, vom Gericht freigesprochen, während eine Frau, die ihren jahrelangen Peiniger tötete, zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde. Von Bristol aus verbreitete sich die CADV rasch über das ganze Land.

Ein wichtiger Teilsieg war die Aufhebung eines besonders reaktionären Gesetzes, das einer Frau verbot, ihren Ehemann (auch bei häuslicher Gewalt) zu verlassen, solange sie nicht rechtmäßig geschieden war. Es wurde aufgezeigt, dass eine Reihe ökonomischer und sozialer Fragen mit häuslicher Gewalt zusammenhängenden: ungleiche Entlohnung bzw. Mindestlohn, leistbare Wohnungen, Auswirkungen der Gewalt im Job (Krankenstand, körperliche bzw. psychische Gewalt beeinträchtigen die Arbeitsleistung etc.). Die CADV wurde in die Arbeitsstätten und Ortsgruppen der Gewerkschaften getragen und Demonstrationen und teilweise Streiks organisiert, die Menschen jeden Geschlechts umfassten. Es gelang, sexistisches Verhalten – auch am Arbeitsplatz – in Frage zu stellen und soziale Verbesserungen wie die Errichtung von Gewaltschutzzentren und Frauenhäuser zu erreichen.

Allerdings – und darauf haben unsere Genoss*innen immer hingewiesen – Verbesserungen im Kapitalismus zu erkämpfen ist immer vom Kräfteverhältnis zwischen den Herrschenden und der Arbeiter*innenklasse abhängig und bleiben nur Teilsiege. Frauenhäuser, Gewaltschutzzentren und ähnliche Einrichtungen sind fürs Kapital nur Kosten, die nichts bringen. Sie stehen bei Kürzungsprogrammen der Regierungen oft an erster Stelle. Eine dauerhafte Lösung erfordert den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau einer solidarischen, sozialistischen Ordnung.

Die CADV zeigt die besondere Rolle der Gewerkschaften als Organisationen der Arbeiter*innenklasse. Streiks legen das wirtschaftliche Leben und damit die Profite lahm. Wenn Frauen und Männer gemeinsam kämpfen, geht es nicht einfach um Solidarität. Höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, leistbare Wohnungen, funktionierende Sozial-, Gesundheits- und Bildungssysteme sind nötig für ein selbstbestimmtes Leben von Frauen UND kommen der gesamten Arbeiter*innenklasse zu Gute. Und gemeinsame Kämpfe bilden die Grundlage für eine starke Gewerkschaftsbewegung.

Die Mitgliederzahlen stiegen am stärksten, wo in Österreich im Vorjahr gestreikt wurde (Metallindustrie, Sozial- und Gesundheitsbereich, Elementarpädagogik, Handelsangestellte). Aber wir brauchen nicht nur ein hohes Maß an Organisierung, sondern auch an politischem Bewusstsein und Schulung der Gewerkschaftsmitglieder. Das widerspricht dem Willen der Gewerkschaftsführungen.

Sie spielen immer wieder eine bremsende Rolle. Darum ist es notwendig, gemeinsam mit Betriebsrät*innen und Kolleg*innen an der Basis für eine kämpferische Alternative in den Gewerkschaften aktiv zu werden. Erste Schritte können Betriebsversammlungen und Protestaktionen wie kurze Walk-Outs, die Gründung einer Basisgruppe im Betrieb bis zu selbständigen Mobilisierungen sein.

  • Du willst in deinem Betrieb gewerkschaftlich aktiv werden? Melde dich bei uns.