Am 9. Juni finden die Wahlen zum EU-Parlament statt. Viele Regierungen stehen davor, abgestraft zu werden. Während es in Österreich eine gewisse Polarisierung gibt, und anders als in der Vergangenheit nicht nur die FPÖ profitiert, sondern auch die KP bei 4% in den Umfragen liegt, wird europaweit eher ein Erfolg für rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien erwartet. Und das, obwohl in manchen Schichten und Ländern die Zustimmung zur EU in den letzten Jahren etwas zugenommen hat. Letzteres hat sicher etwas damit zu tun, dass sich angesichts von Pandemie, Klimawandel und dem Krieg um die Ukraine die Haltung verstärkt hat, dass Probleme und empfundene Bedrohungen international angegangen werden müssen. Das sollte nicht mit einer Unterstützung für die konkrete Europäische Union mit ihrer bestehenden Verfasstheit und politischen Ausrichtung verwechselt werden, sondern entspricht eher einer Zustimmung zur Idee eines gemeinsamen “Europas” sowie der (falschen) Vorstellung die EU würde tatsächlich für fortschrittliche Werte stehen. Gleichzeitig erleben wir in Österreich auch eine fortgesetzte Ablehnung der EU, die sich im anhaltenden Erfolg der FPÖ sowie der “EU-Kritischen” Position der ÖVP ausdrückt. In ihrem Wahlkampf greifen erstere z.B. die bestehende Antikriegsstimmung in Bezug auf den Ukrainekrieg auf.


Diese EU ist nicht im Interesse der arbeitenden Bevölkerung in ihren Mitgliedsstaaten konzipiert. Sie ist ein Bündnis kapitalistischer Staaten zur Durchsetzung ihrer kapitalistischen Interessen. Ein Zusammenschluss, der diese Staaten im globalen Konkurrenzkampf um Zugang zu Rohstoffen, Transportwegen und Absatzmärkten gegen ihre Konkurrenten stärken soll und das als Instrument zur Durchsetzung kapitalistischer Profitinteressen gegen die Arbeiter*innenklasse in den Mitgliedsstaaten eingesetzt wird – das zeigt sich nicht zuletzt in der aktuellen Schwerpunktsetzung von Von der Leyen die sehr deutlich als Vertreterin der Interessen der Kapitalist*innen in Europa im internationalen Wettbewerb auftritt. Die EU ist neoliberal, undemokratisch, militaristisch und rassistisch und eine Institution des Kapitalismus. Sie hat keine Antworten auf Teuerung, Armut und Klimakrise.


Neoliberal


Die EU legt durch viele Maßnahmen eine neoliberale und arbeiter*innenfeindiche Politik fest. Ob durch die so genannten Maastricht-Kriterien, die Haushaltsdefizite und Staatsverschuldung begrenzen; Handelsliberalisierung, Privatisierungsvorgaben und Verstaatlichungsverbote und Aushöhlung von Kollektivverträgen. Diese EU handelt gegen die Interessen von Lohnabhängigen. Sie steht klar und durch die EU-Verträge manifestiert auf Seiten der Kapitalist*innen. Gerade vor dem Hintergrund der wachsenden internationalen wirtschaftlichen Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Blöcken, wo die EU sich ins Hintertreffen rutschen sieht, gibt es stärkeren Druck, die Budgetdefizite wieder im Rahmen zu halten. Gleichzeitig gibt es Angst vor Widerstand durch die Arbeiter*innenklasse. Die EU ist kein neutraler Rahmen, der je nach politischen Mehrheitsverhältnissen mit unterschiedlichem Inhalt gefüllt werden kann. Sozialistische Politik im Interesse der Arbeiter*innenklasse und sozial Benachteiligten kann nur durchgesetzt werden, wenn mit der EU an sich und dem Kapitalismus gebrochen wird.


Undemokratisch


Das EU-Parlament wird zwar durch die Bevölkerung in den Mitgliedstaaten gewählt, hat aber sehr wenig Rechte. Entscheidungen trifft vor allem die EU-Kommission, die von den Regierungen der EU-Mitglieder zusammen gesetzt wird. Aufrüstung Die EU ist keine Friedensunion. Sie steht für eine Militarisierung der Außenpolitik. Es gibt Kräfte in der EU, die Schritte in Richtung Militärunion fordern und es gibt ein Aufrüstungsgebot. Das Verbot, Militärausgaben aus dem EU-Haushalt zu tätigen, wurde faktisch ausgehebelt. Milliarden wurden für den Krieg in der Ukraine ausgegeben. Österreich hat zuletzt das Skyshield-Abkommen unterzeichnet. Gleichzeitig steigen die Spannungen zwischen den einzelnen EU-Staaten, die auch eigenständig Aufrüstung betreiben und ihre eigenen Interessen durchzusetzen versuchen, und der Erfolg der rechtspopulistischen Kräfte ist auch ein Ausdruck davon. So gibt es unterschiedliche Positionen zu außenpolitischen Fragen wie Ukraine, Naher Osten und zur NATO.

Rassistisch

Die EU schottet ihre Außengrenzen ab und baut eine Festung Europa gegen Geflüchtete, während sie gleichzeitig mitverantwortlich für die Fluchtursachen in den Ländern der neokolonialen Welt ist. Seit 2014 sind knapp 30.000 Geflüchtete im Mittelmeer ums Leben gekommen – Ergebnis der durch die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) durchgesetzten brutalen Abschottung. Über 800 Millionen Euro gab die EU 2023 für Frontex aus. Getrieben von der Angst vor rechten Wahlerfolgen und der Hoffnung, durch eine härtere Anti-Flüchtlingspolitik die Kontrolle zu behalten, wird die Festung Europa weiter ausgebaut. Das Asylrecht wird immer mehr ausgehöhlt, Flüchtlinge immer mehr zum Problem gemacht – anstatt die Fluchtursachen zu bekämpfen. Die rassistischen Konzepte von Le Pen, Sunak und Meloni werden nicht mehr kritisiert, sondern zunehmend von der EU übernommen. Rassismus kann nicht auf einer moralischen Ebene bekämpft werden. Man muss ihm den Boden entziehen und das Teile-und-Herrsche-Spiel überwinden, durch gemeinsame (Klassen-)Kämpfe für höhere Löhne, Jobs, ausreichend Wohnungen, ausfinanzierte Gesundheits- und Bildungssysteme und gleiche Rechte für alle hier lebenden Menschen. Denn es ist der Kapitalismus, der die sozialen Probleme verursacht, nicht Migrant*innen.

Spannungen zwischen den Nationalstaaten

Die EU ist kein europäischer Einheitsstaat und kann es auch nicht werden, weil der Kapitalismus den Nationalstaat nicht überwinden kann und die jeweiligen nationalen Kapitalist*innenklassen ihren jeweiligen Nationalstaat zur Verteidigung ihrer Interessen brauchen. Die EU ist nicht frei von Konflikten zwischen den einzelnen Nationalstaaten. Der Erfolg der Rechtspopulist*innen wird diese Konflikte verstärken. Durch ihre Unfähigkeit, einen Beitrag zur Lösung der vielen gesellschaftlichen Missstände zu leisten, treibt die Menschen jedoch auch in die Arme von Rechtspopulist*innen, die die Unzufriedenheit und den Unmut über diese Missstände nutzen.

Sozialistische Opposition nötig

Auch um das zu verhindern, ist eine starke Bewegung der Arbeiter*innenklasse nötig – kämpferische Gewerkschaften und sozialistische Massenparteien, die gegen diese EU der Banken und Konzerne kämpfen. Sozialistische Opposition gegen diese EU bedeutet keine politische Unterstützung nationalstaatlich begrenzter Politik und schon gar nicht von Nationalismus. Sie steht für gemeinsame, länderübergreifende Kämpfe und für eine europaweite Abschaffung des Kapitalismus und seine Ersetzung durch sozialistische Demokratien, die sich zu einer freiwilligen sozialistischen Föderation, den vereinigten sozialistischen Staaten von Europa, zusammenschließen könnten. Dafür kämpfen wir als Sozialistische Offensive.


Die beginnenden Klassenkämpfe der letzten beiden Jahre sind ein Ansatzpunkt in diese Richtung. Sie sind das Mittel, dass die Kapitalist*innen tatsächlich unter Druck setzen können. Dennoch kann man auch die EU-Wahlen nutzen, um die Wut auszudrücken. Bei der EU-Wahl rufen wir dazu auf, der KPÖ die Stimme zu geben, weil sie die einzige Partei mit dem Anspruch ist, echte Verbesserungen für Arbeitnehmer*innen umzusetzen, auch wenn ihre Europapolitik widersprüchlich ist und viele in der Partei Illusionen in die EU propagieren. Sie greift z.B. wie in Graz und Salzburg die Forderung nach einem Durchschnittslohn für Politiker*innen und die Frage von leistbarem Wohnen auf. Ein gutes Abschneiden der KP würde deutlich machen, dass sich Protest und Unmut auch abseits des Rechtspopulismus ausdrücken kann. Es würde den Kapitalist*innen massive Sorgen bereiten. Das haben wir in Ansätzen bereits nach den Wahlerfolgen der KP und Graz und Salzburg gesehen, als die ÖVP als Reaktion verzweifelt versucht hat, gegen das “Gespenst” des Marxismus Stimmung zu machen.


Wir verstehen, dass manche die SPÖ wählen, um Babler zu unterstützen. Allerdings spiegelt der EU-Wahlkampf kaum Bablers ursprüngliche Forderungen wider (mehr zu unserer Bilanz zu einem Jahr Babler findet ihr hier: https://sozialistischeoffensive.net/2024/05/03/ein-jahr-babler-da-war-mehr-drinnen-gewesen/).

Wir sind der Meinung es braucht eine Kraft, die die Interessen von Arbeiter*innen vertritt. Die eine Bewegung für soziale Verbesserungen aufbaut, in Klassenkämpfen eine Rolle spielt und für gewerkschaftliche Gegenwehr eintritt. Das macht die KPÖ leider kaum – sie setzt auf “helfen”, aber es benötigt eine Kraft die bereit ist, Kämpfe zu organisieren. Die KPÖ sollte im nicht das Spiel der etablierten Parteien mitspielen (wie es zb Schilling tut die sich superschnell von einer Aktivistin zu einer etablierten Politikerin gewandelt hat) sondern mit einem Programm von Klassenkampf und sozialistischer Alternative nach vorne zu gehen. (Mehr zur KPÖ findet ihr hier: https://sozialistischeoffensive.net/2024/03/13/erdbeben-bei-der-gemeinderatswahl-in-salzburg-kpo-nur-knapp-hinter-spo/)

Dennoch ist unsere Aufforderung: KPÖ wählen – aber selbst aktiv werden im Kampf gegen Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse und für eine sozialistische Veränderung – am besten in und mit der Sozialistischen Offensive: für den Aufbau einer revolutionär-marxistischen Kraft, die für den Aufbau einer Arbeiter*innenpartei mit sozialistischem Programm kämpft, in der all diejenigen zusammen kommen können, die die Interessen der Lohnabhängigen konsequent verteidigen wollen und die für Millionen von Arbeiter*innen und Jugendlichen, die zur Zeit keine politische Alternative sehen, ein Angebot sein könnte.