Von Harald Teppan und Laura Rafetseder, SO Salzburg und SO Wien
Trotz maroder Infrastruktur, kaputten Schulen und einem Problem mit Obdachlosigkeit, im Winter vor allem, wird das Thema der vielleicht kürzesten U-Bahn der Welt wieder aktuell. Und das, obwohl die Salzburger Bevölkerung klar dagegen ist.
Für die Salzburger ÖVP wäre eine vom Bahnhof ausgehende, sich mit der jetzt schon existierende Lokalbahn im Norden verbindende U-Bahn über die Altstadt zu den Festspielen und der gehobenen Gastronomie und Touristik, natürlich ein Prestigeprojekt sondergleichen.
Die Diskussion darüber läuft ja nun schon seit 25 Jahren. Ob es Sinn macht, einfach einen Bogen über die Altstadt zurück zur existierenden Schiene zu errichten, darf bezweifelt werden. Der Bau wäre sogar ein Schlag ins Gesicht für den kaputt gesparten öffentlichen Verkehr in Salzburg. In Hallein, wo in einigen Nachbargemeinden der Bus nur im Einstundentakt fährt, soll die U-Bahn dann wieder an die Oberfläche kommen.
Bei einer Befragung von 11.674 Personen waren fast 60 Prozent gegen den Bau. In Wirklichkeit dürfte die Ablehnung sogar um Einiges höher liegen. Die SPÖ hat sich auch gegen den Bau ausgesprochen (im Gegensatz zur FPÖ), wie auch eine grüne Bürgerliste.
Bei der KPÖ ist die Ablehnung an der Basis sehr stark zu spüren. Kai Michael Dankl (KPÖ+) gibt sich zurückhaltend, sagt aber deutlich, dass er der ÖVP kein Wort glaube. Dankl sagt, die Schiene auszubauen sei ein Beitrag, um das Verkehrs- und Stauchaos in der Stadt zu lösen und dass sich die Schiene mit der Lokalbahn im Norden und der S-Bahn schon bewährt hat. Sinnvoll sei es, sie mit Messe- und Stiegl-Bahn nach Taxham und Wals-Siezenheim zu verbinden. Im Süden gibt es viele Schulen, Unis und Arbeitsplätze. Dass die existierende Strecke verstärkt werden sollte, vor allem zu Stoßzeiten, ist kein Geheimnis. In der Lokalbahn gäbe es dann genug Platz für Pendler*innen und Schüler*innen. Auch der O-Bus gehöre laut Dankl gestärkt, mit einer Rückkehr zum 10 Minuten Takt. Er sagt, dass es nach aktuellen Schätzungen möglich sei, die Schiene um 11 bis 12 Millionen Euro auszubauen. Der Budgetüberschuss des letzten Jahres betrug 61 Millionen. Grundsätzlich findet Dankl die Erweiterung der Schiene gut, aber auch er als Gemeinderat habe noch viele Fragen. Er schreibt, ein so großes Projekt brauche eine Mehrheit in Stadt und Land und auch wenn eine derzeitige Befragung verfrüht sei, findet es Dankl wichtig, sein demokratisches Mitspracherecht zu nutzen und an der Befragung teilzunehmen.
Wenn nächstes Jahr die Pläne fertig sind, kommt die große landesweiten Befragung zu dem Projekt. Es ist möglich, dass die Ablehnung dann über 60% liegt.
Der Ausbau von öffentlichem Verkehr ist prinzipiell eine gute Sache, vor allem angesichts des Klimawandels. Allerdings geht es um das “wie” und “in wessen Interesse”. Die ÖVP hat dabei vor allem ihr eigenes Prestige und die Profite von Tourismus und Gastro um die Festspiele herum im Blick. Es geht aber vor allem auch darum, was im Interesse der lokalen arbeitenden Bevölkerung ist. Die KPÖ fordert zurecht den Ausbau der bereits bestehenden öffentlichen Verkehrseinrichtungen, vor allem wo diese bereits kaputtgespart bzw. sich der Personalmangel sich auf die Intervalle auswirkt . Dort ist das Geld, das in ein derartiges Monsterprojekt fließen würde, besser aufgehoben.
Um eine Umstellung auf nachhaltigen öffentlichen Verkehr zu erreichen und den Klimawandel zu stoppen, ist es nötig, mit dem Kapitalismus zu brechen und nach den Bedürfnissen des Planeten, aber vor allem auch nach den Bedürfnissen der Menschen den öffentlichen Verkehr demokratisch zu planen und auszubauen.
Die Frage der Salzburger U-Bahn kann der ÖVP in Salzburg ebenso zum Verhängnis werden wie die ÖVP-Prestigeprojekte in Graz dem dortigen ehemaligen Bürgermeister Nagl, der dadurch der KPÖ und Elke Kahr zu einem Erdrutschsieg verhalf. Die KPÖ hat in Salzburg nicht nur landesweit über 11% in den Landtagswahlen gewonnen, sie hat in der Stadt Salzburg auch ein sensationelles Ergebnis von über 21% bei denselben Wahlen erreicht. Diese Unterstützung hat sie sich – wie in Graz – durch konsequente Kampagnen rund um die Frage von Wohnen und Lebenshaltungskosten erarbeitet. Leider hat die KPÖ+ auch in Salzburg die Betroffenen nicht mit ihrer Kampagne mobilisiert und organisiert. Das hätte auch ein Schritt in Richtung neue Arbeiter*innen-Partei sein können (mehr zur Frage neue Arbeiter*innenpartei und der Rolle der KPÖ+ in diesem Artikel) Stattdessen beschränkt sie sich auf eine klassische Stellvertreter*innen-Politik zu machen – nicht mit, sondern für die Betroffenen. Der Rahmen und Möglichkeiten dafür werden aber durch die multiple Krise des Kapitalismus immer kleiner und Versuche, Politik im Interesse der arbeitenden Bevölkerung zu machen können schnell stecken bleiben. Trotzdem ist es nicht auszuschließen, dass ihr bei den Gemeinderatswahlen in Salzburg ein ähnlicher Überraschungserfolg wie in Graz gelingt. Besonders wenn die ÖVP durch Hybris und Projekte wie die Salzburger U-Bahn kräftig “nachhilft”.
Es wäre wichtig, dass auch die KPÖ in Salzburg sich im Falle eines Erreichens eines Einzugs in die Stadtregierung aus den Fehlern in Graz lernt, an der sie sich stark orientiert. Dort hat die KPÖ Graz zwar die Erhöhung der Gemeindebaumieten im Gegensatz zur Gemeinde Wien auf 2% begrenzt. Allerdings befindet sie sich in einer Koalition mit prokapitalistischen Parteien wie der SPÖ und den Grünen, die sich nach Strich und Faden an die neoliberalen Budgetregeln halten. Daher kam es in Graz auch im Öffentlichen Dienst zur Nicht-Nachbesetzung von Pensionierungen, was eine indirekte Form des Personalabbaus ist, der sich ja im Moment auch in vielen kapitalistischen Unternehmen abspielt.
Die KPÖ hat dort, wo sie lokal Einfluss und Posten hat, eine große Verantwortung. Wenn sie die Hoffnungen der Menschen enttäuscht, kann das die Rechte stärken und sozialistische Ideen schwächen. Es ist nötig, dass eine linke Stadtregierung sich nicht an die Spielregeln des Kapitalismus hält, sondern sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Budgetvorgaben sind keine Naturgesetze, sie entsprechen den Interessen der Reichen und Mächtigen. Darum ist es wichtig, die Bevölkerung zu mobilisieren, um mehr Budget vom Bund, Land oder sonstwem zu erkämpfen. Wie das gehen kann, hat in den 1980ern z.B. in England der Liverpooler Stadtrat gezeigt. Dieser hat gleichzeitig mit Massenmobilisierungen Druck auf die damalige Premierministerin Thatcher für mehr Geld aufgebaut und das mit der Idee des Kampfes für eine echte sozialistische Gesellschaft verbunden. Genau das ist angesichts der multiplen Krise des Kapitalismus heute nötiger denn je.
