Für Reallohnerhöhungen – für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Reallohn und Personalausgleich – für mehr Personal: Streiks müssen diesmal branchenübergreifend sein!
Die Inflation in Österreich bleibt auf hohem Niveau und die kapitalistischen Experten und die Regierung fordern Zurückhaltung bei den Löhnen: Sprich, die Arbeitnehmer/innen sollen bezahlen, während die Unternehmen weiter Profite machen. Das ganze Jahr hatte uns die Gewerkschaftsführung erzählt man müsse an der durchschnittlichen Jahresinflation statt der tatsächlichen aktuellen Inflation als Grundlage der Lohnrunden festhalten, da die Unternehmen sonst bei sinkender Inflation auf der aktuellen Inflation beharren würden. Jetzt ist es so, dass die Jahresdurchschnittsinflation bereits an die aktuelle Inflation herankommt (die aktuelle Inflation betrug im Juli 7%, im Jänner noch lag sie bei 11%). Katzian hat am ÖGB-Kongress angekündigt an der Jahresdurchschnittsinflation festzuhalten (mit Stand Juli wären das 9,7% für 2023). Dies gilt es nun aber auch tatsächlich zu verteidigen – besonders da die Bosse versuchen die Löhne zu drücken!
Wir brauchen echte Reallohnsteigerungen
Die Löhne haben ein gesamtes Jahr hinter der tatsächlichen (steigenden) Inflation hinterher gehinkt. Die Arbeitgeber wollen natürlich jene Regelung, die für die Interessen der Arbeitgeber besser ist – bei steigender Inflation ist die Jahresdurchschnittsinflation günstiger, bei sinkender Inflation ist die aktuelle Infation besser für sie als Grundlage der Verhandlungen. Das bedeutet, die Gewerksschaftsführung muss ihre Versprechen auch halten – wenn die Arbeitgeber Abschlüsse unter der Jahresdurchschnittsinflation wollen, muss ein Kampf organisiert werden, damit über dieser abgeschlossen wird! Im Moment herrscht – trotz beginnenden Insolvenzen und Personalabbau aufgrund der instabilen wirtschaftlichen Lage – aufgrund der Pensionierungswelle in vielen Bereichen ein Arbeitskräftemangel, der sich in steigendem Arbeitsdruck für viele Kolleg/innen ausdrückt – das bedeutet Rückenwind in den KV-Verhandlungen für uns! Erkämpft werden müssen Reallohnsteigerungen, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn, mehr Budget für mehr Personal. Für jene Branchen, in denen sich die Arbeitsmarktlage verschlechtert, könnte die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich die vorhandene Arbeit auf alle aufteilen. Lohnverzicht und Reallohnverluste darf es aber in keiner Branche geben!
Arbeitszeitverkürzung – bei vollem Reallohn…
Gleichzeitig darf Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn nicht gegen Reallohnsteigerungen ausgespielt werden, wie das im Moment in einigen Branchen passiert. In den konfessionellen Pflegeheimen z.B. wurde die Arbeitszeit um eine Stunde auf 39 Wochenstunden verkürzt – die Gewerkschaftsführung rühmt sich mit einer Erhöhung von 10,65% wenn es in Wirklichkeit nur 8% waren, die Arbeitszeitverkürzung wurde quasi umgerechnet und addiert. Aber wir müssen echte Reallohnerhöhungen erkämpfen, sonst ist dies ja tatsächlich eine Arbeitszeitverkürzung bei Reallohnverlust! Die gesamten 10,65% kommen nämlich tatsächlich nur bei Teilzeitkräften zum Tragen.
…und Personalausgleich!
Denn um dem Personalmangel in vielen Branchen zu begegnen wird es radikalere Arbeitszeitverkürzung brauchen – die 32-Stunden-Woche, wie Babler sie vorschlägt – und deutlich höhere Löhne. Wenn der Arbeitsdruck so hoch ist, dass die Menschen die entsprechenden Branchen verlassen, dann muss dieser auch entsprechend entlohnt sein und Entlastung durch entsprechende Freizeit ermöglicht werden! Gleichzeitig muss für die Arbeitszeitverkürzung auch ein Personalausgleich durchgeführt werden, denn genau das ist in den letzten Jahren in den Branchen wo es Arbeitszeitverkürzung gegeben hatte (im Werbe-KV z.B. oder im SWÖ-KV) nicht geschehen – die Kolleg/innen zahlen durch mehr Arbeitsdruck drauf bzw. müssen dieselbe Arbeit in weniger Zeit erledigen. Dafür muss ein Kampf organisiert werden! Gleichzeitig muss es in jenen Branchen, in denen im Moment Insolvenzen stattfinden und Personal abgebaut wird (Handel, Metall), auch einen Kampf gegen die Schließung von Betrieben geben und für die Übernahme durch die öffentliche Hand unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung.
Steigende Kampfbereitschaft
Die Lohnrunden waren im Herbst 2022 in einer “Streikwoche” kulminiert. Das hat im Frühjahr 2023 zu im internationalen Vergleich relativ hohen Abschlüssen geführt, ohne dass es zu Kämpfen gekommen war. Wenn selbst Streikdrohungen (explizit oder implizit durch vorhergegangene Streiks) Zugeständnisse erzwingen können, sind Streiks erst recht die beste Weise um Erfolge zu erzielen. Im Herbst scheint es nun so zu sein, dass die Arbeitgeber bei den Löhnen auf die Bremse steigen wollen. Nun gilt es Schritte für Streiks im Herbst zu organisieren um dem zu kontern. Im späten Frühjahr gab es in den Branchen, die speziell mit Personalmangel und hohem Arbeitsdruck konfrontiert sind, Streiks bzw. Druck in Richtung Streik. Die Freizeitbetreuer/innen streikten dagegen, als billige Ersatzarbeitskräfte für den Lehrermangel in den Schulen einspringen zu müssen. Der Warnstreik der Ärzt/innen an der Klinik Ottakring war Ausdruck dafür, wie dramatisch die Personallage an den Spitälern in Wien ist und ein Anzeichen dafür, dass Kämpfe auch an der Gewerkschaftsführung vorbei – oder sogar gegen sie – sich Bahn brechen können. Das kann dazu führen, dass auch andere Branchen dies aufgreifen. Im Bildungsbereich hat die Initiative “Schule brennt” eine Aktion beim Gewerkschaftstag der GÖD organisiert, um Druck in Richtung Streik im Herbst zu machen. Die UG richtet der GÖD-Führung sogar aus: “Dass es für einen Streik nicht die Zustimmung der Gewerkschaft oder der Personalvertretung braucht, haben gerade die Wiener Ärzt/innen vorgezeigt”. Younion und GÖD haben nun für den Gesundheitssektor Abstimmungen über Kampfmaßnahmen für Herbst angekündigt.
Aus Erfahrungen lernen
Die Warnstreiks im Herbst 2022 haben vor allem gezeigt, dass enormes Potential besteht, dass mehrere Branchen gemeinsam Druck ausüben könnten. Die Gewerkschaftsführung hat versucht, die Kämpfe fein säuberlich zu trennen. Aber dennoch hat der Streik der Eisenbahner/innen, der Ordensspitäler und der Brauereien in derselben Woche wie ein möglicher Streik des Handels enorme Dynamik entwickelt. Wenn auch der Streik im Handel durchgezogen und gemeinsam mobilisiert worden wäre, mit Streikdemonstrationen, hätten noch bessere Abschlüsse erzielt werden können! Die ÖGB-Führung hat 2022 die Preise-runter-Demonstration nicht mit den Lohnrunden verbunden, obwohl diese knapp vor Auftakt der Verhandlungen statt fand – es wurde auch kaum aus den Betrieben mobilisiert. Wenn es in verschiedenen Branchen im Herbst zu kämpfen kommt, sollten gemeinsame Streikdemonstrationen organisiert werden, wo die gesammelte Kraft der Streikenden sicht- und fühlbar wird – die Freizeitbetreuenden haben es im Juni vorgezeigt. Nötig sind auch demokratische Entscheidungen über Verhandlungsergebnisse. Die Ordenspitäler und die Bahnbeschäftigten haben im Herbst Urabstimmungen über das Verhandlungsergebnis abgehalten. Diese dürfen aber nicht verwendet werden, um die Beschäftigten unter Druck zu setzen, ein Ergebnis annehmen zu müssen. Es muss in den Betrieben echte demokratische Diskussionen bei Betriebsversammlungen geben.
Für demokratische und kämpferische Gewerkschaften
In manchen Branchen gibt es den Beginn von Organisierung von unten. Dort müssen wir ansetzen. Wir müssen die Gewerkschaften in tatsächlich demokratische und kämpferische Organe umwandeln. Das kann innerhalb der FSG auch bedeuten, dass es einen Konflikt geben kann zwischen jenen, die die SPÖ Wien Führung unterstützen und Streiks gegen deren Politik zu unterbinden versuchen, und jenen die Bablers Forderungen umsetzen wollen. Das kann bedeuten, Plattformen, die innerhalb von Branchen Beschäftigte vernetzen (im Gesundheitsbereich und im Bildungsbereich gibt es Ansätze dazu), und Aktivist/innen, die kämpfen wollen, überfraktionell und über die Branchen hinweg zusammenzubringen. Das kann die Selbtorganisierung in weniger kämpferischen oder gut organisierten Branchen befeuern. Wir dürfen uns dabei nicht auf das, was innerhalb des Kapitalismus möglich ist, beschränken – wir müssen z.B. in den Spitälern für mehr Budget für alle kämpfen, damit nicht eine Gruppe von Beschäftigten gegen die andere ausgespielt werden kann.
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