Aufruf des Komitees für eine Arbeiter/inneninternationale zum 1. Mai 2023
Stürmische Zeiten. Das ist fast schon eine Untertreibung für die Situation, in der sich die Welt an diesem 1. Mai befindet.
Im vergangenen Jahr haben sich die rasanten Entwicklungen fortgesetzt, die die instabile Zeit, in der wir leben, kennzeichnen.
Die ersten Zeilen des Mai-Aufrufs des CWI von 2022 treffen fast genau auf die heutige Situation zu, nur dass sich viele Dinge zugespitzt und verschlechtert haben:
„Der 1. Mai, historisch gesehen der Tag, an dem die Arbeiter/innen-Bewegung ihren Internationalismus und ihr Engagement für Sozialismus zum Ausdruck bringt, findet in diesem Jahr in einer Welt statt, die in Aufruhr ist: Der Lebensstandard sinkt in fast allen Ländern der Welt, während der Krieg in der Ukraine zu einer Verschärfung der Rhetorik und einer zunehmenden Polarisierung zwischen den Großmächten führt. Innerhalb weniger Monate wurden Millionen von Menschen in der Ukraine zu Flüchtlingen, die sich zu den Millionen von Flüchtlingen gesellen, die vor Konflikten in Afrika, Asien und dem Nahen Osten geflohen sind. Weltweit leiden Dutzende Millionen Menschen, und Hunderte von Millionen machen sich Sorgen um die Zukunft.”
Eine Krise türmt sich in kürzester Zeit auf die andere, wirtschaftliche Krise, politische Krise, soziale Krise, Klimakrise,…
Dies hat dazu geführt, dass die Bevölkerung die Zukunft, die etablierten Institutionen und Parteien immer stärker in Frage stellt, was sich im letzten Jahr in vielen Ländern in Kämpfen und Unruhen äußerte.
Unter anderem wurden Frankreich, Iran und Sri Lanka von großen und anhaltenden Protesten erschüttert. Auch in Ländern wie Brasilien, Großbritannien, Kanada, Deutschland, Portugal und in geringerem Maße in den USA haben die Streiks zu wirtschaftlichen Themen erheblich zugenommen, da sich die Arbeiter/innen wehren.
Die politische Polarisierung setzt sich in vielen Ländern fort und wird durch die Krise noch verschärft. In Italien hat die rechtsextreme Regierung Melonis noch nicht zu einer Gegenbewegung geführt, wie sie z.B. in Israel rasch stattgefunden hat. Allerdings liegt in Israel die Führung der massiven Gegenbewegung zur neuen rechten Regierung Netanjahus derzeit in den Händen von pro-kapitalistischen Kräften, was die Proteste politisch begrenzt. Parallel zur politischen Polarisierung kam es häufig zu einer Verstärkung staatlicher Repression, oft, wie in Sri Lanka, unter dem Banner der „Terrorismusbekämpfung“, in Wirklichkeit aber zur Unterdrückung ernsthafter Opposition.
Zu Beginn dieses Jahres beschrieb das CWI die Situation als eine, in der „das kapitalistische Gleichgewicht in all seinen Aspekten zerbrochen ist: in den wirtschaftlichen, geopolitischen, sozialen und Klassenbeziehungen. Erschütterungen und Unruhen sind die Folge davon und spiegeln sich in einer scharfen Polarisierung auf allen Kontinenten wider. In einigen Ländern kommt es zu einem Aufschwung des Klassenkampfes, aber auch zu nationalen und ethnischen Konflikten, zu (militärischen und tariflichen) Kriegen und in einigen Ländern zu starken Zersetzungserscheinungen oder gar zum Zusammenbruch der Gesellschaft. Das ist die Ära, in der wir jetzt leben.“
Genau das ist geschehen. Praktisch alle Aspekte des Lebens sind in Frage gestellt. Der reale Lebensstandard wird weltweit gesenkt, während sich der Reichtum noch stärker in den Händen einer kleinen Elite konzentriert. Die immer deutlicher sichtbaren Auswirkungen des Klimawandels – Wetterextreme, verändertes lokales Klima und Anstieg des Meeresspiegels – führen dazu, dass der Kapitalismus selbst zunehmend in Frage gestellt wird.
Kaum eine kapitalistische Führung bietet konkrete Aussichten auf ein besseres Leben in der Zukunft. Gewöhnlich sprechen die Kapitalist/innen in allgemeinen Begriffen von „Fortschritt“ und vagen Bestrebungen. Dies zeigt, dass sich der Kapitalismus in einer Sackgasse befindet. Die Kapitalist/innen verteidigen ihr System, aber die meisten sind nicht zuversichtlich, was die Zukunft angeht.
Die Wissenschaft entwickelt sich rasant, vor allem in den Biowissenschaften und der Technologie. Die Technologie steht zur Verfügung, um zumindest das Lebensnotwendige zu sichern. Aber in diesem kapitalistischen System gibt es einen Widerspruch zwischen diesen Fortschritten und der Realität. Das zeigte sich im Gegensatz zwischen der erfolgreichen, raschen Forschung zur Begrenzung der Auswirkungen der Covid-Pandemie und der ungleichen Verteilung von Impfstoffen und Behandlungen. Selbst wenn wissenschaftliche Fortschritte angewandt werden, dienen sie entweder der Profitsteigerung und nicht der allgemeinen Verbesserung des Lebens, oder sie sind nur für diejenigen verfügbar, die es sich leisten können.
In diesem Jahr hat sich die fundamentale Rivalität zwischen den USA und China weiter verschärft und wirkt sich zunehmend destabilisierend aus. Der US-Imperialismus, der seine Weltherrschaft durch den Aufstieg Chinas bedroht sieht, hat seine Versuche verstärkt, Chinas Wirtschaftswachstum zu untergraben und seinen wachsenden globalen Einfluss zu begrenzen. Es gibt Versuche, eine Alternative zu Chinas „Belt and Road“-Programm zu schaffen, und einen Wettbewerb um Einfluss in Afrika und anderswo. Chinas Einbindung in die Weltwirtschaft und die Kontrolle über einige wichtige Rohstoffe wie Lithium machen ein Zurückweichen jedoch schwierig. Neben der allgemeinen Zunahme des Protektionismus kommt es jedoch zu einer Neuordnung der globalen wirtschaftlichen Versorgungs- und Produktionsketten, wobei das so genannte „Friendshoring“ weitgehend aus strategischen und nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt.
Die zunehmenden Reibereien zwischen den USA und China haben dazu geführt, dass immer häufiger von einem drohenden Krieg zwischen den beiden größten Mächten der Welt die Rede ist und natürlich auch befürchtet wird. Während künftige Scharmützel, zum Beispiel in den Küstengebieten vor China, oder sogar ein Konflikt um Taiwan nicht auszuschließen sind, ist die Frage eines Weltkrieges etwas völlig anderes.
Mit Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen würde ein weltweiter Konflikt die Vernichtung eines Großteils der Menschheit bedeuten, was die Grundlage des Kapitalismus untergraben würde, da ein Großteil der Arbeiter/innenklasse ausgelöscht würde. Das bedeutet, dass ein solcher Krieg nur dann drohen würde, wenn eine herrschende Klasse oder ein Teil einer herrschenden Klasse glaubte, über die Mittel zu verfügen, um einen Krieg durch einen präventiven Erstschlag mit Massenvernichtungswaffen gewinnen zu können und gleichzeitig das „Gleichgewicht des Schreckens“ zu umgehen, das seit 1945 einen Weltkrieg verhindert hat.
Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht denkbar, sowohl weil die Spannungen noch nicht einen solchen Höhepunkt erreicht haben, als auch im Hinblick auf das entsetzliche Ergebnis. Außerdem würde die Androhung einer solchen Aktion einen breiten Widerstand in der Bevölkerung hervorrufen, dem die herrschenden Klassen entgegenzuwirken versuchen, indem sie ihre offensiven Pläne als „defensiv“ darstellen.
Der beginnende Bürgerkrieg im Sudan ist nur das jüngste Beispiel für die wachsende Zahl von Konflikten. Der Krieg in der Ukraine hat sich zu einer ernsthaften Auseinandersetzung zwischen dem russischen Imperialismus und den westlichen Imperialist/innen entwickelt, auch wenn Versuche unternommen werden, den Konflikt zu begrenzen. In verschiedenen Teilen Afrikas wüten Konflikte und Kriege, oft auf ethnischer Grundlage und im Zusammenhang mit dem Kampf um Ressourcen. Gleichzeitig hat sich in Myanmar ein Bürgerkrieg entwickelt, da die Massen gegen das Militärregime kämpfen. Seit 2020 hat sich die Zahl der Menschen, die weltweit Nothilfe benötigen, auf 340 Millionen verdoppelt, und 80 % dieses Anstiegs sind auf Konflikte zurückzuführen.
Diese Zahlen schließen die Millionen ein, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen mussten. Wie das CWI erklärt hat, „unterschätzte Putin das Ausmaß des Widerstands der Ukrainer/innen und die Entschlossenheit des westlichen Imperialismus, die Gelegenheit zu nutzen, um sein Regime zu untergraben und zu schwächen.“
Das CWI wendet sich gegen Putins Invasion und seine von der russisch-orthodoxen Kirche unterstützten Lügen, wonach die Idee einer ukrainischen Nation eine Erfindung Lenins und der Bolschewiki sei, um Russland zu schwächen. Wir treten für das Selbstbestimmungsrecht der Ukrainer/innen und aller Minderheiten in der Ukraine ein. Das CWI wendet sich gegen die völlig pro-kapitalistische ukrainische Regierung, die sowohl vor als auch während des Krieges Maßnahmen ergriffen hat, um die Gewerkschaften stark zu schwächen, und nun die Macht in ihren Händen konzentriert. Die Tragödie in der Ukraine besteht darin, dass es keine unabhängige Arbeiter/innenklasse gibt, die in ihrem eigenen Interesse, getrennt von denen des Kapitalismus, gegen die Invasion kämpfen und gleichzeitig einen Appell an die russische Arbeiter/innenklasse und die Reihen des russischen Militärs richten kann, sich der Putin-Clique und den in Russland herrschenden Oligarch/innen entgegenzustellen.
Die Notwendigkeit des Aufbaus von Bewegungen der Arbeiter/innenklasse, die unabhängig von der Kapitalist/innenklasse und prokapitalistischen Kräften sind, besteht weltweit und besonders in diesem Moment.
Neben der zunehmenden Polarisierung der Welt, Rivalitäten, Kämpfen um Einfluss, internationalen und internen Konflikten, bis hin zu Bürgerkriegen, kommt es in den meisten Ländern zu einem weltweiten Rückgang des Lebensstandards, sinkenden Reallöhnen und steigender Arbeitslosigkeit. In vielen Teilen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas wird die Situation durch die anhaltenden Auswirkungen der Unterentwicklung, den Mangel an Arbeitsmöglichkeiten und einer funktionierenden Infrastruktur noch verschärft.
Gegenwärtig haben die herrschenden Klassen und ihre Regierungen nur begrenztes Vertrauen und bieten ihren Bevölkerungen im Allgemeinen keine echten Perspektiven, sondern nur vage Hoffnungen oder „Versprechen“, von denen niemand erwartet, dass sie eingehalten werden.
Der Mangel an Vertrauen ist auf die instabile Wirtschaftslage zurückzuführen, in der so genannte „Wirtschaftsexpert/innen“ widersprüchliche und sich schnell ändernde Prognosen und Vorhersagen machen.
Natürlich sehen sie die wirtschaftlichen Bedrohungen, die zum Teil auf die Maßnahmen zurückzuführen sind, die in der „Großen Rezession“ von 2007/9 ergriffen wurden, um die Finanzinstitute zu stützen und eine Depression zu verhindern, aber sie sind ratlos, wenn es darum geht, was getan werden kann. Eine aktuelle Angst der Kapitalist/innen ist die finanzielle Instabilität. Ein hoher IWF-Beamter warnte kürzlich vor „akuten“ Risiken im globalen Finanzsystem. Die Panik im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der SVB, der Silicon Valley Bank, in den USA und die rasche Übernahme der Credit Suisse durch die Schweizer Regierung durch die UBS wurden als Warnzeichen für eine neue Welle von Zusammenbrüchen angesehen, geschockt über die Geschwindigkeit der ersten elektronischen Bankenpanik überhaupt. Diese Befürchtungen bestätigen sich jetzt, da First Republic, eine führende Regionalbank in den USA, in die Krise geraten ist.
Der allgemeine Anstieg der Zinssätze, mit dem die kapitalistischen Regierungen versuchen, die Inflation in den Griff zu bekommen, hat zusammen mit der Verlangsamung der Weltwirtschaft eine neue globale Schuldenkrise ausgelöst. Die Financial Times (London) erklärte, dass „die ärmsten Länder … mit den größten Rechnungen für die Bedienung von Auslandsschulden seit 25 Jahren konfrontiert sind.“ Unter anderem sind Sri Lanka, Ghana und Pakistan bereits schwer betroffen. Derzeit befinden sich schätzungsweise 56 Länder in einer Schuldenkrise oder sind von einer solchen bedroht. Eine hohe Schuldenlast verkompliziert die Probleme der neokolonialen Länder, die bis 2030 jährlich über 2 Mrd. Dollar benötigen, allein um die umweltschädlichen Emissionen zu senken und die Schäden des Klimawandels zu bewältigen. Im schlimmsten Fall können Mehrfachkrisen zum Zusammenbruch von Gesellschaften führen, wie in Haiti zu sehen war. Solche Situationen führen zu verstärkten Migrationsversuchen, insbesondere bei jungen Menschen.
Der sinkende Lebensstandard unter autoritären oder diktatorischen Regimen hat in verschiedenen Ländern zu einer Wiederbelebung des Kampfes oder der Opposition in unterschiedlicher Form und Stärke geführt.
Der Iran erlebte eine Welle der Massenopposition, angeführt von jungen Menschen und Frauen, gegen die Unterdrückung und zunehmend auch gegen das Regime selbst, und sieht nun eine Bewegung der Arbeiter/innenklasse gegen den sinkenden Lebensstandard, die das Regime bedrohen kann.
In ähnlicher Weise gab es in Sri Lanka im letzten Jahr die größte Massenbewegung gegen Sparmaßnahmen in der Geschichte des Landes. Diese stürzte den Präsidenten, aber da die Bewegung selbst nicht an die Macht kam, nutzt der neue Präsident Notstandsbefugnisse, um Kürzungen durchzusetzen und Wahlen mit der Begründung abzusagen, sie würden zu viel Geld kosten. Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, dass Massenbewegungen klare Ziele haben, einschließlich der Ablösung kapitalistischer Regierungen durch solche, die sich auf die arbeitenden Massen stützen und ihnen Rechenschaft ablegen.
Ohne ein solches Programm können Massenbewegungen ins Stocken geraten und es den herrschenden Eliten ermöglichen, an der Macht zu bleiben. Diese werden früher oder später versuchen, ihre vollständige Kontrolle wiederherzustellen. Der neue Bürgerkrieg im Sudan, der von verschiedenen Fraktionen der herrschenden Militärclique geführt wird, ist ein tragisches Beispiel für diesen Prozess. Eine revolutionäre Bewegung führte zum Sturz des alten Militärdiktators, hatte aber selbst kein Programm, um an die Macht zu kommen und die Umgestaltung des Landes einzuleiten.
In Lateinamerika kam es zu einer Reihe von Massenaufständen und Protesten, die zur Wahl einer Reihe von „linken“ Regierungen in Chile, Kolumbien, Peru und jetzt Brasilien führten. Diese Regierungen haben sich jedoch von Anfang an an den Kapitalismus angepasst. Dieses Versäumnis, mit dem Kapitalismus zu brechen, schafft die Bedingungen für eine weitere Polarisierung und Komplikationen, die die Notwendigkeit unterstreichen, eine revolutionäre sozialistische Alternative aufzubauen, um den Kreislauf von Fortschritten gefolgt von Reaktion zu durchbrechen.
Die Frage der Macht, wer die Kontrolle hat und was die Alternative ist, ist eine Schlüsselfrage, um sozialistische Veränderungen zu erreichen.
Die Frage der Bereitschaft, die herrschende Klasse und den Kapitalismus herauszufordern, stellt sich generell. Wir haben eine Zunahme von Streiks erlebt, da die Arbeiter/innen auf Maßnahmen zur Verteidigung ihres Lebensstandards gedrängt haben. In einigen Fällen, wie in Britannien und Deutschland, gab es Druck von der Basis für Lohnforderungen, die sich der Inflation anpassten, eine erhöhte Streikbereitschaft und einen Anstieg der Gewerkschaftsmitgliederzahl, was alles die Gewerkschaftsführung unter Druck setzte. In vielen Fällen waren die meisten der derzeitigen Gewerkschaftsführungen jedoch nicht bereit, Kämpfe zu führen, da sie hofften, ihre bequemen Beziehungen zu den Arbeitgebern aufrechtzuerhalten, und versuchten, sich so schnell wie möglich zu einigen, was dazu führte, dass ihre Mitglieder Reallohnkürzungen hinnehmen mussten. Dies ist in den Ländern, die sich in einer tieferen Krise befinden, besonders deutlich zu beobachten. In Nigeria hat der wichtigste Gewerkschaftsverband, der NLC, jetzt eine radikalere Führung, die bald auf die Probe gestellt werden wird, da sie mit einem Regime konfrontiert ist, das von einem neuen Präsidenten geführt wird, der bereits für seine harte Haltung gegenüber den Gewerkschaften bekannt ist.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Umwandlung der Gewerkschaften in demokratische Organisationen, die ernsthaft für die Arbeiter/innen kämpfen. Das bedeutet Bewegungen an der Gewerkschaftsbasis aufzubauen.
Neben der Notwendigkeit, die Gewerkschaften umzugestalten und neu aufzubauen, gibt es in den meisten Ländern keine politische Partei, die die Arbeiter/innenklasse und die Armen vertritt. In den meisten Ländern, in denen es solche Parteien oder zumindest Parteien, die in der Arbeiter/innenbewegung verankert sind, einmal gab, wurden sie von pro-kapitalistischen Kräften übernommen, auch wenn Teile der Arbeiter/innen sie derzeit noch wählen. Solche Parteien können immer noch Wahlen gewinnen, wie es Lula letztes Jahr in Brasilien getan hat und wie es Starmer in Britannien tun könnte; aber das ändert nichts am Charakter dieser Parteien oder an der Notwendigkeit, neue Arbeiter/innenparteien zu schaffen.
Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat jedoch gezeigt, dass neue linke Formationen ohne ein sozialistisches Programm und ohne die Entschlossenheit, eine unabhängige sozialistische Kraft aufzubauen, sich im Laufe der Zeit entweder nicht entwickeln oder sich in die aussichtslose Aufgabe verstricken, zu versuchen, den Kapitalismus „gerechter“ zu machen; in Europa haben wir dies unter anderem in Deutschland, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien gesehen.
Wie wir im letzten Jahr dargelegt haben, gibt es „eine tiefe Infragestellung dessen, was geschieht, Wut über den sinkenden oder stagnierenden Lebensstandard, während die Reichen immer reicher werden, und Entfremdung von den offiziellen Strukturen. In einigen Ländern wie den USA gibt es eine weit verbreitete Infragestellung und Feindseligkeit gegenüber dem Kapitalismus sowie eine breite Sympathie für eine allgemeine, nicht näher definierte Idee des Sozialismus. Dies beunruhigt die herrschende Klasse, weshalb in der Berichterstattung der westlichen Medien über die Ukraine immer wieder angedeutet wird, dass Putin eine Art „Kommunist“ sei, d. h. mit der Revolution von 1917 in Verbindung stehe; was nicht nur unwahr ist, sondern auch die Tatsache ignoriert, dass Putin Lenin, dem Führer der russischen Revolution, offen die „Schuld“ für die heutige Existenz der Ukraine gibt.
Wie wir in unserer Erklärung zum 1. Mai 2022 feststellten: „Diese Sympathie für die Idee des Sozialismus wurzelt in der Erfahrung der kapitalistischen Gesellschaft, ihren Ungerechtigkeiten, Widersprüchen, ihrem Unvermögen, Krisen und Kriege zu vermeiden, sowie in den Kämpfen, die unter dieser Gesellschaft stattfinden. Dies ist die historische Grundlage, auf der die Arbeiter/innen- und sozialistische Bewegung aufgebaut wurde. Auf diese Erfahrung stützt sich das CWI heute, indem es sich an Kämpfen beteiligt und nicht nur den Wiederaufbau der sozialistischen Bewegung anstrebt, sondern auch sicherstellt, dass sie über Parteien mit einem Kampfprogramm verfügt, das zur Beendigung der kapitalistischen Periode der Geschichte führen und eine neue Ära einleiten kann, in der es keine Knappheit, Unterdrückung und Krieg mehr gibt.
„Das Komitee für eine Arbeiterinternationale (CWI) lädt zur Diskussion über unsere Ideen und darüber ein, was jetzt getan werden kann, um Unterstützung für ein Programm des sozialistischen Wandels aufzubauen. Gleichzeitig begrüßen wir diejenigen, die an unserer Seite aktiv werden wollen, sowie die finanzielle Unterstützung unserer Aktivitäten durch diejenigen, die in der Lage sind, zu spenden.“
Das vergangene Jahr hat unsere Analyse und die Dringlichkeit, die Kräfte des Sozialismus weltweit aufzubauen, bestätigt.
