Von Lukas Arnold Anderl, SO Wien
Am 08.11. haben rund 3.000 Beschäftigte der Sozialwirtschaft in Wien für eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Gehalt und höhere Löhne demonstriert. Die Demonstranten riefen lautstark, dass sie streikbereit sind. Die Gewerkschaften vida und GPA forderten 15% Lohnerhöhung da es im Vorjahr aufgrund der Arbeitszeitverkürzung eine Nulllohnrunde für jene die Vollzeit arbeiten gegeben hat. Heute haben sich Gewerkschaftsführung und Arbeitgeber auf eine Erhöhung „von bis zu 10,2%“ geeinigt.
Das klingt auf den ersten Blick gut (vor allem aus Sicht von Handelsbeschäftigten, wo die Forderung an sich 10% beträgt), aber nur wenn man das Kleingedruckte nicht liest, das „bis zu“ ist allerdings eine Mogelpackung. Denn die 10,2% gelten nur für die untersten Einkommensgruppen. Alle anderen erhalten eine 8%. In beiden Fällen liegt die Lohnerhöhung unter der aktuellen Inflation von 11% und stellt damit einen Reallohnverlust dar, auch wenn die Gewerkschaftsführung sich auf die jährliche Durchschnittsinflation beruft. Aber Reallohnverluste als Rallohngewinne zu verkaufen ist ein Hohn gegenüber den Betroffenen. Warum wurde nicht gestreikt? Viele Betriebe haben signalisiert dass sie bereit dazu sind.
Der Kaufkraftverlust wächst mit der Inflation stätig. Die Löhne der Beschäftigten im Handel und aller anderen Branchen laufen Gefahr von den Gewerkschaftsspitzen ebenfalls im Stich gelassen zu werden. Wenn für Abschlüsse um die 8% bereits 15% gefordert werden müssen, dann bedeutet das für alle folgenden Branchen dass höher gefordert werden muss wenn die aktuelle Inflation abgegolten werden soll.
Es braucht sektorübergreifende Streiks als nächsten Schritt. Alle Branchen die sich noch in Verhandlungen befinden sollten gemeinsam streiken und gemeinsam auf die Straße gehen. Hat die Gewerkschaftsführung Angst vor der potentiellen Stärke einer solchen Bewegung? Sie geht gerade so weit, wie sie glaubt, dass es innerhalb des Kapitalismus möglich ist. Es hat keinen Sinn zu versuchen die Arbeitgeber nicht zu verärgern – sie stehen auf der anderen Seite. Der Sozialbereich hat schon vor längerem begonnen sich über verschiedene Initiativen zu vernetzen (zb Sozial aber nicht blöd). Solche Vernetzungen braucht es auch in anderen Sektoren. Wenn es gelingt diese Netzwerke mit klarem Programm branchenübergreifend aufzubauen, könnte das Druck auf die Gewerkschaftsführung aufbauen um die Kämpfe die nötig sind auch zu führen – anstatt sie abzubrechen bevor sie richtig begonnen haben.
