Widerstand an den Unis zusammenschließen mit gewerkschaftlichen Kämpfen und allgemeiner Bewegung zur Verteidigung der Lebensstandards!

Am 7.11. fand ein Protesttag an der TU Wien statt, der Demonstration schlossen sich tausende Studierende aber auch Mittelbau an. Nun werden auch Einsparungen an anderen Universitäten bekannt. Minister Polaschek hat als Reaktion angekündigt 150 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Das ist aber nicht annähernd genug. Die Universitätenkonferenz schätzt, dass bis 2024 1,2 Mrd. Euro fehlen. 

Eine an der Uni Wien Beschäftigte berichtet:

„An der Universität Wien wurde am 8.11. über anstehende Sparmaßnahmen informiert wurde. Das Ausmaß der Maßnahmen übertrifft bei weitem die schlimmsten Befürchtungen. Aber damit nicht genug, die Art und Weise wie Bildungsminister Polaschek versucht diese auch noch schönzureden ist geradezu zynisch. 

Es zeigt aber auch, dass die Universität als Orte der Lehre, Forschung, und Austausch keinerlei Wertschätzung durch die jetzige Regierung und die kapitalistische Klasse erfährt. Auch fügt sich die Ankündigung von Kürzungen an der Uni Wien mehr oder weniger nahtlos in die Nachrichten über die anstehende Zahlungsunfähigkeit der TU Wien und den Protest von 9000 Studierenden, dem sich auch Teile der Fakultät anschlossen.

Die Rektorin der TU Wien Sabine Seidler, die auch Vorsitzende der Universitätenkonferenz (UniKo) ist, erklärte, dass wegen den steigenden Energiekosten Mehrkosten in Höhe von 170 Millionen Euro auf die TU zukommen. Seidler führt weiter aus „Nicht weil wir über unsere Verhältnisse gelebt haben oder schlecht gewirtschaftet haben. Die äußeren Rahmenbedingungen haben sich geändert.“  

Seidler hatte eine Aufstockung des Budgets der Universitäten von 1.2 Millarden Euro bis 2024 gefordert, von diesen wurden allerdings nur 500 Millionen genehmigt. Auch wenn weitere Gespräche mit UniKo geplant sind, so wurde von Polaschek eine Erhöhung des Budgets ausgeschlossen.

Was bedeutet diese Entscheidung für die Universitäten und seine Mitarbeiterinnen? Erst einmal wird sich der gewohnte Lehr- und Forschungsbetrieb nicht aufrechterhalten lassen. Die Präsenzlehre wird wegen nicht beheizten Hörsälen wieder eingestellt werden. Weiterhin werden Vorlesungen und Seminare wegen fehlender Lehrkräfte entfallen. Der Forschungsbetrieb wird drastisch eingeschränkt werden müssen, da dieser 70 Prozent der Energie beansprucht.

Hier stellt sich dann die Frage nach welchen Kriterien entschieden werden wird, welche der Projekte  weitergeführt werden und welche abgestellt werden. Zu der Frage, was diese Maßnahmen für die Mitarbeiterinnen bedeuten gibt es keinen Konsens. Laut des Betriebsrates kann es zu Stelleneinsparungen kommen, die bis zu 80 Prozent der Mitarbeiterinnen betreffen. In diesem Fall würden befristete Stellen nicht wieder besetzt werden, d.h. Prädoc-, keine Postdoc-, Senior-Lecturer-, Senior-Scientists-, Tenure-Track-Stellen. Dies gilt auch für Stellen, die aufgrund von Pensionierung vakant werden.

Ob es so weit kommen wird hängt von den Gegenmaßnahmen ab. Für den 24.11 ist eine Vollversammlung des Mittelbau/Unterbau angekündigt und dem 6. 12 eine Demonstration des Mittelbaus.  Es ist gut zu sehen, dass sich endlich etwas bewegt. Schon viel zu lange haben Kolleginnen sich mit pikieren Arbeitsstationen arrangiert und immer mehr Lehre und administrative Aufgaben übernommen.“

Die Einsparungen an den Universitäten sind ein Vorgeschmack darauf was gesamtgesellschaftlich auf uns zu kommt. Nicht nur frisst die Teuerung unsere Reallöhne auf, die Kommunen kommen finanziell unter Druck und beginnen zu sparen (siehe unser Artikel zur KPÖ Graz und der Finanzkrise in Graz). Der Kapitalismus kann die Probleme die er schafft nicht mehr lösen – er verschiebt sie höchstens und schafft dadurch immer weitere neue Probleme. Klimakrise, Krieg, Energiekrise, Teuerung, Krise der öffentlichen Haushalte. 

Die Studierenden und das Uni-Personal fordern zu Recht mehr Budget von den Unis. Der Kampf dafür ist Teil von einem gesamtgesellschaftlichen Kampf zur Verteidigung der Lebensstandards, zur Verteidigung  von Einkommen, Reallöhnen, Jobs, aber auch von öffentlichen Dienstleistungen. Durch die steigenden Löhne kommt auch mehr Geld in die Staatskassen, aber durch die steigenden Zinsen und Kosten sind auch die öffentlichen Haushalte unter Druck. Wo soll also das Geld herkommen? Zum ersten könnten wir uns das Geld dort holen, wo es liegt: Bei denen die es haben. Das Vermögen der 15 reichsten Familien beträgt 136 Milliarden Euro, jenes der reichsten zehn 100 Milliarden Euro – das wäre ein erster Schritt. Für eine dauerhafte Lösung müsste aber die wichtigsten Schlüsselbetriebe in öffentliches Eigentum übernommen werden, und zwar nicht nur die krisengebeutelten, sondern auch die profitablen Betriebe. Durch dieses Geld kann nicht nur eine Verteidigung der Lebensstandards finanziert werden, sondern auch z.B. der Energiesektor demokratisch geplant werden. 

Die vor Jahren beschlossene Uni-Autonomie war eine Vorbereitung auf Privatisierung des Bildungsbereich – und brachte mit sich die Idee dass Universitäten ausgeglichen bilanzieren müssten. Studiengebühren, die abwechselnd eingeführt und dann teilweise wieder abgeschafft wurden, sowie Druck auf Studierende möglichst schnell und „effizient“ (=billig) zu studieren um dem Arbeitsmarkt rasch zur Verfügung zu stehen waren Teil davon. Bildung wird im Kapitalismus zur Ware und das kapitalistische Bildungssystem hat die Aufgabe Arbeitskräfte zu produzieren. In einer sozialistischen Gesellschaft wäre Bildung von Grund auf anders organisiert, nach den Bedürfnissen der Menschen und nicht nach Profiten. Lehrpläne würden gemeinsam von Auszubildenden und Lehrkräften sowie nach Kriterien die gemeinsam von der arbeitenden Bevölkerung demokratisch bestimmt würden. Es gäbe keine strikte Trennung zwischen Uni, Schule und Lehre mehr, vielmehr wäre Bildung praxisnaher und lebendig. 

Die Studierenden und Lehrenden sollten demokratisch gewählte Komitees an den Unis bilden, die die Proteste organisieren. Es braucht Versammlungen um weiter Maßnahmen zu diskutieren. Die Gewerkschaften müssten einen Streik des Uni-Personals organisieren, der sich mit anderen Sektoren in den Lohnrunden kurzschließen könnte. Studierende haben dann Gewicht in der Gesellschaft wenn sie sich mit den Arbeitnehmer/innen zusammenschließen – wie das z.B. 1968 in Frankreich geschehen ist. Dann hat die herrschende Klasse es viel schwerer die einen gegen die anderen auszuspielen.