Die ÖVP hat am 25.9.2022 bei den Landtagswahlen in Tirol 9,6% verloren. Dass sie das als Erfolg feiert, zeigt wie tief die Krise in der ÖVP ist – sie ist froh, nicht mehr verloren zu haben. Im Grunde gab es bei dieser Wahl keine wirklichen Gewinner, die Wahl ist damit ein weiterer Ausdruck der wachsenden Unzufriedenheit mit den existierenden Parteien und der Instabilität. Auch die Grünen haben als Regierungspartei verloren und das trotz sich verschärfendem Klimawandel.
Dass die SPÖ trotz der Verluste von ÖVP und Grünen stagniert, liegt wohl daran, dass sie sich von vornherein auf eine Koalition mit der ÖVP festgelegt hat. Spannenderweise hat die ÖVP vor allem an die SPÖ verloren (vermutlich aufgrund des Koalitionsangebot), während die SPÖ gleichzeitig an die Nichtwähler/innen und Liste Fritz verloren hat. In der Wähler/innenschaft der SPÖ hat es damit eine Verschiebung gegeben.
Die FPÖ hat zugelegt, aber nicht so viel wie angesichts der sozialen Situation und angesichts dessen, dass die MFG es nicht in den Landtag geschafft hat, zu vermuten gewesen wäre.
Gleichzeitig konnten ÖVP und FPÖ am besten aus dem Nicht-Wähler/innenpool mobilisieren. Ersteres hat wohl mit den Umfragen zu tun die der ÖVP noch stärkere Verluste prophezeit hatten. Aus den Skandalen um die türkise ÖVP ist bekannt, wie die Interpretationsspielräume von Umfragen gedehnt werden können um Stimmungen zu beeinflussen.
Die Liste Fritz, um den ehemaligen ÖVP-nahen AK-Präsidenten Fritz Dinkhauser sowie aus der Anti-Transit-Bewegung kommt, konnte zulegen, und gleichermaßen von ÖVP und SPÖ gewinnen, was die Unzufriedenheit mit beiden Parteien zeigt. Dennoch liegt ihr Ergebnis weit unter dem Ergebnis von 2008, als die Liste Fritz 18,5% auf sich vereinen konnte. 2013 und 2018 war sie aus verschiedenen Gründen auf fünfeinhalb Prozent reduziert worden. Auf Bundesebene war die Liste Fritz 2008 unter anderem mit Theresia Zierler (Ex-FPÖ/BZÖ) angetreten.
Die KPÖ konnte in Innsbruck respektable 2,7% verzeichnen, bewegt sich aber auf bundeslandweiter Ebene immer noch unter dem was nötig und in Anknüpfung an die KPÖ Graz auch möglich wäre.
Für die Bundespolitik wird das wohl bedeuten, dass die Regierung einstweilen weiter wurschteln wird, aber die Spannungen werden sich aufgrund der Verluste der beiden Regierungsparteien verschärfen.
Die Frage, was die politische Alternative sein kann, bleibt aufrecht. Jede Regierung die versucht den Kapitalismus und die multiplen Probleme und Krisen die er verursacht zu managen wird schwer daran knabbern dass diese Probleme auf kapitalistischer Basis nicht zu lösen sind bzw. auf dem Rücken von Arbeitnehmer/innen ausgetragen werden.
Die politische Instabilität bedeutet, dass gewerkschaftliche Proteste und Bewegungen Zugeständnisse erkämpfen können.
Die Gewerkschaften müssen in den kommenden Lohnrunden einen Kampf organisieren damit es nicht zu Reallohnverlusten kommt. Laut einer jüngsten Umfrage sind 2/3 der Arbeitnehmer/innen in Österreich mit Lohn und Gehalt unzufrieden. Wir brauchen eine Partei die die Arbeitnehmer/innen organisiert um den Lebensstandard zu verteidigen, gegen Teuerung, gegen die Auswirkungen einer kommenden Rezession etc. – und die bereit ist, mit dem Kapitalismus zu brechen.
