Die Gewerkschaftsführung hat am 19.9. die Forderung für die Metallerlohnrunde, die traditionell die Lohnrunden eröffnet, mit 10,6% bekannt gegeben. Am Samstag davor waren zehntausende Menschen im Rahmen der ÖGB-Preise-Runter Demonstration auf die Straße gegangen.

Die nunmehrige Forderung von 10,6% ist ein Resultat des Drucks von unten in den letzten Wochen, da die Bedrohung durch die Teuerung für unseren Lebensstandard immer klarer wird. Allerdings muss dies auch durchgekämpft werden und darf nicht auf die genannte Untergrenze der „rollierenden Inflation“ nachgegeben werden.

Die Medien hatten ursprünglich lediglich die jährliche Durchschnittsinflation von 6,3% als Untergrenze kolportiert – was den Druck aus den Betrieben auf die Führung nochmals erhöht haben dürfte.

Die ÖGB-Führung hält sich als Grundlage für die Lohnverhandlungen an die sogenannte Benya-Formel – Jahresdurchschnittsinflation („rollierende Jahresinflation“) plus Produktivitätszuwachs. Viele Jahre lang lagen die Abschlüsse aber immer nur knapp über der Inflation, die Produktivitätssteigerungen wurden kaum noch abgegolten.  In Jahren mit sinkender Inflation ist die Jahresdurchschnittsinflation als Basis für die Verhandlungen vorteilhaft für Arbeitnehmer/innen. Aber in Zeiten wie diesen bedeutet das einen Reallohnverlust. Wenn über der jährlichen Durchschnittsinflationsrate (6,3%) aber unter der aktuellen Inflationsrate (im August 9,3%) abgeschlossen würde, wäre dies immer noch ein Reallohngewinn in dieser Sichtweise. In Wirklichkeit ist das aber ein Reallohnverlust.

In vielen Ländern werden aktuell auch die Löhne indexiert bzw. an die Inflation automatisch gebunden, verhandelt wird dann nur noch über darüber hinausgehende Erhöhungen. Das wäre auch bei uns sehr sinnvoll, es müsste aber auch hier die aktuelle Inflationsrate als Basis genommen werden, damit das keine Mogelpackung wird.

Angesichts der Tatsache, dass die Inflation wahrscheinlich weiter steigt, muss die Parole also lauten: Kein Abschluss unter 10%!

Um das durchzusetzen, werden sehr wahrscheinlich Streiks notwendig sein. Um auch die schwächeren Branchen zu stärken, wäre nötig, als ersten Schritt einen branchenübergreifenden bundesweiten Streiktag umzusetzen. 

Gleichzeitig müsste in den Betrieben ordentlich für solche Streiks  mobilisiert werden und diese demokratisch von unten organisiert werden. Dafür müssten Streikkomitees in den Betrieben gebildet werden. Und es muss eine volle Diskussion und demokratische Entscheidungen in den Betrieben über Verhandlungsergebnisse geben!

Die Demonstration am Samstag war ein sehr wichtiger Schritt, um zu verhindern, dass die extreme Rechte das Thema Teuerung besetzt. In Deutschland gibt es von offizieller Seite des DGBs zum Beispiel noch keine vergleichbare Demonstration.

Die Veranstalter sprechen von 32.000 in ganz Österreich und 20.000 in Wien, die Polizei spricht von einem Drittel davon. Die wirkliche Zahl liegt wohl dazwischen.

Dennoch blieb die Mobilisierung weit unter dem, was die Gewerkschaften können. 2003 gingen gegen die Pensionskürzungsreform 200.000 Menschen auf die Straße. 2018 gegen den 12-Stundentag waren es 100.000.

Dass weniger Menschen diesmal auf der Straße waren, hat aber nicht damit zu tun, dass das Thema Teuerung nicht brennend wäre. Sondern damit, dass die ÖGB-Führung vermieden hat die Frage der Löhne bei der Mobilisierung zu thematisieren und die Demonstration nicht offiziell mit den Lohnrunden verbunden hat. Folglich waren zumindest in Wien die Pensionist/innen – die mit 10% auch die konkreteste Forderung hatten –  gefühlt am stärksten vertreten, Kontingente aus den Betrieben waren weniger zahlenmäßig stark.

Außerdem fand die Verkündung der Forderung für die Metallerlohnrunde erst nach der Demonstration statt. Bei den Metallern geht es um die Löhne von 200.000 Menschen. Sie hätte vor der Demonstration stattfinden sollen und die Demonstration hätte eine gemeinsame sektorübergreifende Mobilisierung aus den Betrieben sein müssen als Vorbereitung auf einen gemeinsamen sektorübergreifenden Streiktag. Mit der jetzt bekanntgegebenen Forderung von 10,6% hätte das ordentlich aus den Betrieben mobilisieren können. Die Demonstration hätte eine Machtdemonstration werden können, eine Warnung an die Arbeitgeber/innen. Aber diese Gelegenheit wurde von der Gewerkschaftsführung ausgelassen.

Die Sozialistische Offensive hat an der Demonstration am 17.9. teilgenommen, mit der Forderung „Kein Abschluss unter 10%“ und mit der Forderung nach einem sektorübergreifenden Streiktag als nächstem Schritt. Wir haben viele Diskussionen geführt. Der Tenor war durch die Bank: 10% kann nur die Untergrenze sein, und es braucht schlagkräftige Aktionen.

Um die Forderung „Kein Abschluss unter 10%“ und die von der ÖGB-Führung geforderte Mindestgrenze von 2000 brutto für die KV-Löhne quer über alle Branchen durchzusetzen, muss es nun eine Koordinierung der verschiedenen Kollektivvertragsverhandlungen geben. Es braucht einen Eskalationsplan, der alle Branchen einbezieht.

  •  Kein Abschluss unter 10%!
  •  Für einen bundesweiten branchenübergreifenden Streiktag als nächsten Schritt!
  •  Für einen Eskalationsplan der alle Branchen einbezieht!
  •  Keine faulen Kompromisse – Lebensstandards verteidigen!
  •  Keine Reallohnverluste! Für entsprechende Lohnerhöhungen in allen Branchen sowie Anhebung der Pensionen!
  •  Kein Verkaufen von Reallohnverlusten als Reallohnsteigerungen – Erhöhung muss über der aktuellen Inflation liegen!
  •  Erhöhung des Arbeitslosengelds (ohne spätere Absenkung des Prozentsatzes wie ursprünglich von Kocher vorgeschlagen!)
  • Überführung des gesamten Energiesektors in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung sowie Entliberalisierung und Abschaffung des Merit-Order-Systems!
  • Demokratische Planung des öffentlichen Energiesektors entlang klimapolitischer und sozialer Kriterien, inklusive Deckelung der Energiepreise für Einzelverbraucher/innen und kleine Unternehmen
  • Preisdeckel bei Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs, wenn nötig auch Überführung der großen Handelsketten in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung
  • Rücknahme der Anhebung der Richtwertmieten
  •  Die Gewerkschaften müssen in kämpferische und wirklich demokratische Organe umgewandelt werden – für Basisinitiativen die sich für einen kämpferischen Kurs einsetzen!
  •  Arbeitnehmer/innen, Jugendliche, Pensionist/innen und Arbeitslose brauchen endlich ihre eigene Partei!
  •  Im Kapitalismus ist keine dauerhafte friedliche oder soziale Entwicklung mehr möglich – für eine sozialistische Gesellschaft mit nach den Bedürfnissen der Menschen demokratisch geplanter Wirtschaft!