Kein Vertrauen in die kapitalistischen Regierungen – für eine unabhängige Position der Arbeiter*innenbewegung
CWI Reporters (Dieser Artikel erschien am 22.2.2022 auf http://www.socialistworld.net)
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die „Unabhängigkeit“ von zwei von Moskau unterstützten abtrünnigen Regionen in der Ostukraine anerkannt. Er erklärte, dass „friedenserhaltende“ Kräfte in die Gebiete entsandt werden sollen.
Die Aussichten auf eine Wiederbelebung der Gespräche, die aus den Minsker Vereinbarungen von 2014 und 2015 zwischen Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine hervorgegangen sind – mit Vorschlägen für einen „Sonderstatus“, Wahlen und eine Verfassung für die Donbass-Gebiete -, sind damit zunichte gemacht.
Putin gab dies während einer im Fernsehen übertragenen Sitzung des russischen Sicherheitsrats am 21. Februar bekannt. Er erklärte, die Entscheidung sei eine Reaktion auf die Bitten der Führer der „Volksrepubliken Donezk und Luhansk“, die russische Regierung möge sie als unabhängige Staaten anerkennen und sie vor einem „Völkermord“ durch ukrainische Streitkräfte schützen. Seit letztem Donnerstag wird nach Angaben der Behörden in Donezk die zivile Infrastruktur, darunter auch Schulen, beschossen. Nach Angaben Moskaus hat die Evakuierung von 700.000 der drei Millionen Menschen, die noch in Donezk und Luhansk leben, nach Russland begonnen.
Mehr als 14.000 Menschen sind bei dem Konflikt in der Ostukraine ums Leben gekommen. Dies geschah, nachdem in Kiew ein prowestliches reaktionäres Regime an die Macht gekommen war, an dem ukrainische Ultranationalisten und rechtsextreme Milizen beteiligt sind.
In seiner Rede wetterte Putin gegen die Aggression der Nato, griff aber auch das Erbe Lenins an. „Sie wollen also eine Entkommunisierung? Das passt zu uns. Aber lassen Sie uns nicht auf halbem Weg stehen bleiben. Wir sind bereit, Ihnen zu zeigen, wie eine echte Entkommunisierung aussieht.“ Mit anderen Worten: Der großrussische Nationalist Putin ist nicht der Meinung, dass die Ukraine und andere Republiken, die in den ersten Jahren der Sowjetunion gegründet wurden, als Staaten existieren sollten. Für Putin ist die Ukraine eine „Schöpfung“ des „bolschewistischen, kommunistischen Russlands“.
Zwischen dem rechtsgerichteten prokapitalistischen Nationalismus Putins und der internationalen Arbeitersolidarität Lenins besteht ein himmelweiter Unterschied. Die Revolution von 1917 konnte aufgrund des sozialistischen Programms von Lenin, Trotzki und den Bolschewiki gelingen, zu dem auch die Unterstützung des Selbstbestimmungsrechts der unter dem Zarismus unterdrückten Nationen gehörte, während die Republiken einen freiwilligen und gleichberechtigten Zusammenschluss sozialistischer Staaten bildeten.
Die westlichen Mächte erklärten, Putins Behauptungen über ukrainische Angriffe auf die russischen „Enklaven“ Luhansk und Donbas seien ein Vorwand für eine Invasion. Doch der Westen hat eine lange Geschichte von Operationen unter falscher Flagge“. Der Vorfall im Golf von Tonkin im Jahr 1964 war frei erfunden und wurde vom demokratischen US-Präsidenten Johnson als Rechtfertigung für eine massive Ausweitung des militärischen Engagements der USA in Vietnam benutzt. Die Behauptungen der USA und Großbritanniens über „Massenvernichtungswaffen“ wurden im Vorfeld der Invasion des Irak im Jahr 2003 in infamer Weise benutzt.
Die Nato-Mächte prangerten Putins jüngsten Schritt als schamlose Invasion eines souveränen Landes an und kündigten eine Reihe neuer Sanktionen an, unter anderem gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in den abtrünnigen russischen Enklaven. Auch hier macht sich der Westen einer ekelerregenden Heuchelei schuldig. Dieselben westlichen Mächte unternehmen wenig gegen die anhaltende „illegale“ Besetzung Nordzyperns durch das Nato-Mitglied Türkei nach der Invasion von 1974, die zu ethnischen Säuberungen und zur Teilung der Insel führte.
Stetige Nato-Erweiterung
Seit Monaten sind russische Truppen in der Nähe der Ostgrenze der Ukraine stationiert. Wie wir im April letzten Jahres erklärten, sollen sich mindestens 100.000 Soldaten in der Region befinden: „Ein übergeordneter Grund für die militärischen Spannungen liegt in der stetigen Expansion der NATO bis an die Grenzen Russlands seit der Auflösung der ehemaligen Sowjetunion.“
Die NATO-Streitkräfte sind in allen Staaten, die an Russland und Weißrussland sowie an die Ukraine grenzen, aggressiv verstärkt worden. Die NATO-Mächte haben der Ukraine militärisches Gerät (in Hülle und Fülle) geliefert, darunter Stinger-Raketen, und bilden ständige und freiwillige Truppen in militärischen Kampffähigkeiten aus.
Putin hofft, dass ein starkes Auftreten auf der internationalen Bühne seine sinkende Popularität im eigenen Land wieder ankurbeln kann. Sein Hauptanliegen ist es, die milliardenschwere Elite in Russland zu schützen und die Position seines engsten Kreises an der Spitze dieser Elite zu erhalten. Er will sicherstellen, dass die Ukraine nicht anderen ehemaligen Mitgliedern der UdSSR wie Litauen, Lettland und Estland in das NATO-Bündnis folgt.
In dieser Woche kam es zu einer Eskalation des Konflikts. Es wurde angedeutet, dass die russischen Streitkräfte, sobald sie damit begonnen haben, darauf drängen könnten, einen Landkorridor zwischen der von Russland beanspruchten Krim und der so genannten „Republik“ Donbas zu errichten. Dies könnte auf beiden Seiten viele Menschenleben kosten.
Sozialist/innen lehnen jedes Abgleiten in einen Krieg ab, der das Leiden von Millionen arbeitender Menschen bedeutet, die bereits die Hauptopfer des Konflikts sind. Sozialist/innen sind gegen die Unterdrückung jeder nationalen Minderheit. Diese Ereignisse zeigen, wie dringend notwendig es ist, sowohl in der Ukraine als auch in Russland Kräfte aufzubauen, die die Arbeiter/innen und die Armen gegen die Kapitalisten und Kriegstreiber und den sich einmischenden westlichen Imperialismus vereinen können, mit einer sozialistischen Politik für Arbeiter/innendemokratie und Sozialismus.
