Am 6.10. kam es zu Razzien in der ÖVP Zentrale und dem Bundeskanzleramt. Die Tragweite der Skandale beginnt erst so richtig klar zu werden, Kurz scheint eine zentrale Rolle zu spielen. Dies ist ein Flugblatt für die Demonstration am 7.10. bei der ÖVP-Zentrale.
- Für gemeinsamen Kampf gegen Kürzungen bei Arbeitslosen, für ordentliche Lohnerhöhungen, niedrigere Mieten und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich
- Bewegung aufbauen für linke Kandidatur von KPÖ Graz, LINKS und anderen Aktivist/innen auf Basis von Facharbeiter/innenlohn für Funktionär/innen
- Für ein sozialistisches Programm um mit dem korrupten kapitalistischen System zu brechen!
Facharbeiter/innenlohn für Funktionär/innen vs. Korruption der ÖVP und der etablierten Parteien
Die Korruption von Kurz und der ÖVP ist nun nicht mehr zu verbergen – der Gegensatz zur KPÖ in Graz die als ehrliche Kraft wahrgenommen wird, die nur einen Facharbeiter/innenlohn nimmt, könnte nicht größer sein. Die ÖVP schiebt zu Recht Panik. Die Razzien kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt für sie. Laut aktuellen Umfragen würde die KPÖ bundesweit 4% machen und damit ins Parlament kommen, 42% halten die KP mit Kahr für wählbar. 70% fänden gut wenn andere Politiker/innen ebenfalls nur einen Durchschnittslohn nehmen würden. Der Erfolg der KPÖ Graz fußt auf geduldiger kontinuierlicher Arbeit um Sozialthemen wie Wohnen. Im Wahlprogramm fordert die KPÖ Graz unter anderem einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich, und die Schaffung von Arbeitsplätzen durch öffentliche Investitionen. Sebastian Kurz darf ruhig entsetzt sein. Es ist noch nicht klar wie die Grünen reagieren werden. Klar ist jedoch wenn die Skandale weitgehend genug sind, die Grünen gehörig unter Druck geraten. Neuwahlen sind daher nicht auszuschließen. Wie aber kann eine Alternative aussehen? Die Grünen haben an der Regierung bewiesen dass sie diese Alternative nicht sind. Die SPÖ war lange genug mit der ÖVP an der Regierung. Beide sind tief im Kapitalismus verwurzelt und akzeptieren dieses System. Es ist jedoch der Kapitalismus an sich der korrupt ist – der aktuelle Skandal ist nur der letzte in einer ganzen Serie. Es braucht daher eine echte Alternative zum Kapitalismus und eine Diskussion darüber wie diese Aussehen kann. Die Diskussion über den „Kommunismus“ nach der Grazer Wahl zeigt wie groß die Angst der Herrschenden ist, dass wieder über Alternativen zum Kapitalismus nachgedacht wird.
Chance für die Linke
Dies ist eine Chance für die Linke in Österreich eine bundesweite Kraft links von SPÖ und Grünen aufzubauen. Links und die KPÖ Graz sollten eine Aktivist/innenkonferenz initiieren, erstens um Solidarität für Graz zu organisieren und zweitens um ein gemeinsames neues Projekt zu initiieren, das über Graz und Wien hinausgeht, mit allen linken Kräften, Organisierten und Unorganisierten. Man stelle sich vor die jungen Menschen von Fridays for future treffen durch die ganze Mediendiskussion auf die Frage was denn Kommunismus wirklich ist und wie eine echte sozialistische Gesellschaft als Alternative zum Kapitalismus aussehen könnte. Das ist jetzt eine Chance die Debatte nachhaltig zu beeinflussen.
Was ist „Kommunismus“ oder Sozialismus wirklich?
Auf den Versuch der bürgerlichen Medien, die Idee des Sozialismus mit dem Verweis auf den ehemaligen Ostblock zu diskreditieren, hat die Grazer KPÖ, die das Ziel eines Bruchs mit dem Kapitalismus nicht thematisiert, keine wirkliche Antwort – außer „wir wollen den Menschen nur helfen“. Es ist gut dass die Menschen in Graz die KPÖ kennen und sich nicht von der Propaganda der ÖVP verschrecken lassen. Dennoch ist es nicht genug zu sagen, „die Menschen kennen uns“. Nun zeigt der Fall Werner Murgg, der das weißrussische Regime ausnutzt, warum eine klare Positionierung sowohl gegen den Stalinismus als auch gegen dessen kapitalistische Nachfolgeregime so notwendig ist. Die KPÖ-Führer haben bestenfalls keine wirkliche Vorstellung davon, worauf der Stalinismus im Kern beruhte. Sie sehen nicht, dass die stalinistischen Regime, obwohl sie nicht kapitalistisch waren, repressive Regime waren, die von einer privilegierten Kaste geführt wurden, ohne irgendeine Form der Arbeiter/innenkontrolle und Arbeiter/innenverwaltung, die für den Aufbau einer wirklich sozialistischen Gesellschaft notwendig ist. Die stalinistische Bürokratie war korrupt, aber eine echte sozialistische Gesellschaft würde die Grundlage für Korruption beseitigen indem sie sicherstellt, dass es genug von allem für alle gibt. Durch die Überführung der Schlüsselindustrie in öffentliches Eigentum under demokratischer Kontrolle könnte dafür die Grundlage gelegt werden und die Ressourcen nachhaltig so eingesetzt werden, dass der Planet und unsere Lebensgrundlage nicht zerstört wird.
Demokratie hat gefehlt – Sozialismus geht nur International
Die KP Graz kann auch nicht erklären, wie sich diese Regime entwickelten, warum sie einen Bruch mit den Ideen von Marx, Engels und Lenin darstellten und wie der Stalinismus die Grundlage für die Wiedereinführung des Kapitalismus in den fälschlicherweise als „sozialistisch“ bezeichneten Staaten bereitete. Sicherlich waren die ehemalige UdSSR und die anderen Staaten nicht kapitalistisch, aber sie waren auch keine Arbeiter/innendemokratien auf dem Weg zu echten sozialistischen Gesellschaften. Es ist notwendig, diesen Angriffen der bürgerlichen Medien entgegenzutreten und die Gelegenheit zu nutzen, um zu erklären, wie eine echte demokratische sozialistische Gesellschaft aussehen könnte. Es ist klar, dass jeder Fehler der KPÖ Graz in ihrer praktischen Politik von den bürgerlichen Parteien und Medien dazu benutzt wird, den „Kommunismus“ zu diskreditieren.
Was passiert in Graz?
Die Frage, was in Graz als nächstes passiert, ist wichtig für den Aufbau einer echten starken sozialistischen Kraft in Graz und Österreich – auf der KPÖ Graz lastet große Verantwortung. Es ist möglich dass Elke Kahr mit einem Bündnis mit SPÖ und Grünen Bürgermeisterin wird. Allerdings birgt dies große Gefahren. Die Führung von sowohl der SPÖ wie auch der Grünen ist fest im Kapitalismus verwurzelt, sie akzeptieren dessen Grundlage und damit auch seine Sachzwänge. Daher sollte die KPÖ Graz nicht blind in eine Koalition mit ihnen gehen sondern konkrete Forderungen auf Basis ihres Programms aufstellen und SPÖ und die Grünen öffentlich auffordern, diese zu unterstützen. Das bedeutet nicht, das in Form eines Ultimatums zu tun, die KPÖ sollte sich auf eine Debatte einlassen, aber sie sollten sich nicht in Geiselhaft nehmen lassen von der politischen Führung dieser Parteien, die das bestehende kapitalistische System grundsätzlich akzeptiert. Die KPÖ sollte stattdessen die Grenzen dieses Systems in der Praxis aufzeigen und erklären. Und sie darf sich nicht von der Bundespolitik absentieren. Denn auch hier stellt sich die Frage der politischen Alternative.
Wie auf Angriffe vom Bund antworten?
Die Gefahr besteht, dass, wenn die wirtschaftlichen Spielräume schwinden, progressive (Sozial-)Politik nicht aufrechterhalten werden kann – außer die KPÖ mobilisiert ihre Wähler/innen um Druck auf die Bundespolitik aufzubauen um genügend Geld zu Verfügung zu stellen (so wie es der sozialistische Liverpooler Stadtrat in den 1980ern getan hat). Die KPÖ Graz müsste ihre Position nutzen um zu erklären, dass ein Bruch mit dem Kapitalismus nötig ist, um diese progressive Politik dauerhaft umzusetzen und abzusichern. Denn die Herausforderung, vor der die KPÖ Graz steht, ist, nicht dieselben Fehler zu machen wie andere (neue) linke Parteien in Europa – nämlich Wahlerfolge zu erzielen und dann den Bonus durch ihre an kapitalistischen Sachzwängen orientierte Politik zu verspielen (siehe z.B. Syriza in Griechenland – ihre falsche Politik hat zu einem Rückschlag für die Arbeiter/innenbewegung geführt). Die KPÖ sollte klare inhaltliche Forderungen an die SPÖ und Grünen stellen – wenn deren Führung diese nicht unterstützt, sollte sie bei der Basis von SPÖ und Grünen für Unterstützung für diese Forderungen werben. Ihre Führung ist nämlich nicht bereit, beim Kapital anzuecken und Politik umzusetzen, die mit den Interessen der herrschenden Klasse in Konflikt kommen. Ein solches Bündnis müsste bereit sein, zur Durchsetzung, Finanzierung oder Verteidigung dieser Reformen die Arbeiter/innenklasse zu mobilisieren. Wie bei Syriza steht und fällt dies mit der Bereitschaft mit dem Kapitalismus zu brechen und für ein sozialistisches Programm zu kämpfen.
Helfen ist gut – Kämpfen ist besser
LINKS Wien hatte im Gemeinderatswahlkampf in Wien einige Mandate gewinnen können, der Aufwärtstrend für die Linke wurde durch das Grazer Ergebnis fortgesetzt. Links und die KPÖ haben in Wien bei den Gemeinderatswahlen zusammengearbeitet. Das bedeutet aber auch dass die Politik der KPÖ Einfluss auf die Politik von Links hat. Die KPÖ Steiermark fährt einen anderen Kurs als die Bundes-KPÖ, es gelingt ihr besser die Menschen abzuholen. Die Frage ist, welche Möglichkeiten es auf Bundesebene gibt, eine neue Partei aufzubauen, die über Graz oder Wien hinausgeht und mehr ist als die KPÖ – auch um zu verhindern, dass eine Grazer Stadtregierung unter KPÖ Führung isoliert bleibt oder um Angriffe auf sie durch die bürgerlichen Parteien, die Bundesregierung oder die bürgerlichen Medien abzuwehren. Die KPÖ Graz hat hier auch eine Verantwortung gemeinsam mit LINKS Schritte in diese Richtung zu setzen – gerade angesichts der Krise der ÖVP.
Wie könnte eine neue „Arbeiter/innenpartei“ aussehen?
Eine solche Partei kann sich einzelne Methoden von der KP Graz abschauen, wenn es darum geht, mit welchen Themen man Menschen gewinnen kann – der Bezug von einem durchschnittlichen Arbeiter/innenlohn für Funktionsträger/innen z.B. oder das Besetzen von sozialen Themen sollten Basis einer solchen Kandidatur sein. Allerdings hat die KP Graz Schwächen, und zwar dass sie Forderungen nach sozialen Verbesserungen nicht mit der Notwendigkeit einer sozialistischen Gesellschaftsveränderung verbinden – der Kommunismus steht zwar im Programm aber wird auf „irgendwann“ verschoben. Das kann langfristig fatal sein, weil man ohne diese Verbindung gezwungen ist die kapitalistische Sachzwanglogik zu akzeptieren. Auch die Tatsache dass die Linke in Deutschland aufgrund der Orientierung auf mögliche Koalitionen mit SPD und Grünen in den Wahlen in Deutschland aufgerieben wurden und beinahe aus dem Bundestag geflogen sind, sollte eine Warnung sein. Umgekehrt müsste eine neue Partei bereit sein Kämpfe und Bewegungen zu initiieren und organisieren, und das tut die KPÖ Graz kaum – stattdessen hat sie einen stark sozialarbeiterischen Zugang. Sie setzt auf „staatstragendes“ Auftreten und „verantwortungsvolle“ Politik und auf Bündnisse mit Parteien die prokapitalistische Politik umsetzen. Links konnte mit der Demonstration zu Afghanistan im August 2000 Menschen in Wien mobilisieren – das zeigt das Potential das da ist.
Kämpfe verbinden – gemeinsam mobilisieren!
Die allgemeine Stimmung ist im Moment günstig für den Aufbau einer neuen linken Kraft. Das ist der Grund, warum die bürgerlichen Medien und die etablierten Parteien solche Angst haben – sie sorgen sich dass der KPÖ Wahlsieg ein Katalysator sein kann um eine Bewegung für eine echte sozialistische Gesellschaft zu entfachen. Und sie haben allen Grund sich zu sorgen, aber diese Gelegenheit wird nicht ewig bestehen – wir müssen sie nutzen solange das möglich ist. Die FFF Demonstration am 24.9. hat gezeigt, dass das Thema vielen Menschen unter den Fingernägeln brennt. Gleichzeitig können die Grünen nur begrenzt von dieser Stimmung profitieren – auch weil ihre Regierungsbeteiligung gezeigt hat, dass ihr Spielraum für echte Veränderung begrenzt ist, wenn sie auf prokapitalistische Politik und eine Koalition mit der ÖVP setzen. Viele Menschen sind enttäuscht von der rückgratlosen Politik der Grünen beispielsweise zum Thema Asyl. Die SPÖ ist in Dauerkrise. Gleichzeitig steigt die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Die steigende Inflation erhöht den Druck in Richtung höhere Lohnrunden, die Metaller/innen fordern 4,5% – und steuern auf einen Konflikt mit den Arbeitgebern zu. Für Oktober ist eine Demonstration der Kindergärtner/innen angekündigt, die in der Pandemie gemeinsam mit Personal im Gesundheits- und Bildungswesen unter besonderer Belastung standen. Dies alles könnten Links und die KPÖ Graz aufgreifen und verbinden – eventuell mit gemeinsamen Mobilisierungsaufrufen als Schritt in Richtung Aufbau einer breiteren Bewegung und einer echten politischen Alternative zu Korruption und Kapitalismus.
