Ein Beitrag von Peter Taaffe zur Debatte und Spaltung im CWI 2019

Im Sommer 2019 wurde als Konsequenz einer im Herbst 2018 begonnenen Debatte eine Spaltung im Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI) vollzogen.  Auf einer internationalen Konferenz wurde das CWI am 25.7.2019 rekonstituiert, woraufhin sich international eine Gruppe in einer neuen Organisation mit dem vorläufigen Namen „World Socialist Alternative (WSA)“ zusammengeschlossen hat.  Grund sind tiefgreifende politische Differenzen.

In Österreich hat sich die Sozialistische LinksPartei leider fast zur Gänze der WSA angeschlossen. Die Ideen der Fraktion „In Defence of a Workers‘ and Trotskist CWI“ und des neukonstituierten CWI vertritt in Österreich nunmehr die „Sozialistische Offensive“. „Sozialistische Offensive“ versteht sich politisch auf jener Grundlage auf der das CWI 1974 gegründet wurde und damit als Teil des neugegründeten CWIs.

Material zu dieser Debatte die für die Arbeiter/innenbewegung heute sehr relevante und wichtige Lehren enthält, wurde im Buch „Zur Verteidigung des Trotzkismus“ zusammengefasst. Weiteres Material ist auf http://marxist.net/ nachlesbar.

Hier die Einleitung Peter Taaffes zu diesem Buch in deutscher Übersetzung.

Einleitung zum Buch „Zur Verteidigung des Trotzkismus“

Die Vertreter*innen des wissenschaftlichen Sozialismus, beginnend mit Karl Marx und Friedrich Engels, verteidigten die führende Rolle der Arbeiter*innenklasse als jene die den Kapitalismus bekämpfen und eine neue sozialistische Gesellschaft etablieren könnten. Das war der roten Faden der sich durch ihre Werke zog. Die Arbeiter*innenklasse, die durch Massenproduktion organisiert und diszipliniert wird, ist die einzige Klasse, die fähig ist, in ihren Organisationen das notwendige kollektive Bewusstsein zu entwickeln, um diese Aufgabe zu erfüllen. 

Allerdings anerkennen sie (und wir), dass die Arbeiter*innenklasse nicht ein homogenes, undifferenziertes Ganzes ist. Sie schließt seit ihrer Entstehung Männer und Frauen ein, gelernte und ungelernte Arbeiter*innen, und besteht heute aus vielen neuen Schichten in einer Reihe von verschiedenen Sektoren mit ihren eigenen Forderungen und Agenda. Dennoch hat sich das CWI und Militant (nun die Socialist Party in England & Wales), wie dieses Buch demonstriert, in vielen unterschiedlichen sektionalen Kämpfen engagiert, aber immer die entscheidende Rolle der Arbeiter*innenklasse, ihrer Organisationen, der Gewerkschaften und politischen Parteien als vereinenden Faktoren gegen die Kapitalist*innen betont. 

Die herrschende Klasse hat von Beginn an versucht Unterschiede innerhalb der Arbeiter*innenklasse als Spaltungsinstrument zu nutzen, und diese auszuweiten um ihre Herrschaft abzusichern. In den letzten Jahren ist das, was als „Identity Politics“ bekannt wurde, generell in den Vordergrund getreten. Kämpfe von Frauen, Proteste gegen sexuelle Belästigung, der Kampf für LGBTQ+ Rechte  (=„sektionale Kämpfe“) und andere hatten Einfluss auf viele Organisationen. Allerdings hat die herrschende Klasse ziemlich bewusst, vor allem durch ihre ideologischen Fabriken auf den Universitäten, Identity Politics als Mittel der Spaltung eingesetzt, um die Arbeiter*innenklasse und ihre Organisationen und deren Kampffähigkeit zu schwächen. Sogar selbsterklärte Organisationen der „revolutionären Linken“, wie die International Socialist Organisation (ISO) in den USA, haben sich um diese Frage gespalten und sind de facto von der politischen Arena verschwunden. 

Leider hat die ehemalige CWI-Sektion in den USA, Socialist Alternative, sich ebenso opportunistisch zur Demokratischen Partei hingewandt und hat Zugeständnisse in Richtung Identity Politics gemacht. Das beinhaltet ein Verwässern von Programm und Methode, um sich an die Democratic Socialists of America (DSA) anzupassen. Diese Organisation hat die falsche utopische Haltung, dass die zutiefst prokapitalistische Demokratische Partei in eine Arbeiter*innenpartei verwandelt werden kann. 

Ohne Zweifel können sich einige, die sich von der DSA abgespalten haben, in diese Richtung bewegen, aber die überwältigende Mehrheit für eine neue Arbeiter*innenpartei in den USA wird aus frischen Schichten kommen, neben Gewerkschafter*innen und anderen Aktivist*innen, die auf eine kämpferische, antikapitalistische, Arbeiter*innenpartei oder eine Vorform davon abzielen. Wenn Organisation die sich selbst „Marxist*innen“ oder „Trotzkist*innen“ nennen auf diesem Gebiet theoretisch oder politische Fehler machen, kann das dazu führen dass sie einen hohen Preis zahlen müssen. 

In der letzten Periode hat etwas das den Entwicklungen in der ISO nicht unähnlich ist Sektionen des CWIs betroffen. Schwerwiegende politische Differenzen kamen Ende 2018 in unseren Reihen auf, und entwickelten sich im Laufe des Jahres 2019 zu einer großen Debatte – ein kleinbürgerlich-opportunistischer Trend  erhob innerhalb des CWIs seinen Kopf. 

Die Verzögerung im Aufkommen von Massenbewegungen trug dazu bei. Ein politischer Trend, ähnlich jenem dem Trotzki 1939-40 gegenüberstand – wenn auch zu anderen Fragen – kam im CWI auf, nach einfacheren – in der Realität opportunistischen – Wegen suchend, nach Abkürzungen, um größeren Einfluss unter „speziell unterdrückten“ Gruppen zu finden, sich gleichzeitig von der Arbeiter*innenklasse und seinen Organisationen abwendend, hin zu „revolutionäreren“ Kräften. 

Die Fragen in dieser Debatte drehten sich um die Schlüsselrolle der Arbeiter*innenklasse und ihrer Organisationen, ihre zentrale und führende Rolle im Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Gesellschaft. Die Führung des CWI – wie Trotzki in den späten 1930ern – konfrontierte diese bedeutenden politischen und organisatorischen Abweichungen von echtem Marxismus. Der Auslöser für diese Debatte kam von jungen Mitgliedern der Socialist Party in Irland, die auf einer internationalen Schulung behaupteten, dass es „neue“ Kräfte wären – Frauen und LGBTQ+  Personen – die eine neue „Vorhut der Arbeiter*innenklasse“ repräsentieren würden denen diese zentrale Rolle zukäme – nicht der Arbeiter*innenklasse selbst und ihre Organisationen. 

Anstatt diese jungen Menschen auf behutsame Art und Weise zu korrigieren – hat die irische Führung diese falschen Formulierungen verteidigt. Sie verstärkten diesen Fehler, als sie in den EU-Wahlen 2019 unter dem Slogan „für eine sozialistisch-feministische Kandidatin“ antraten. Der slogan zielte auf eine sehr schmale Schicht der Arbeiter*innenklasse ab. Die Folge dieses Fehlers im Slogan und der falschen politischen Orientierung war dass ihr Stimmenergebnis in dieser Wahl dramatisch fiel und sie in den am selben Tag stattfindenden Lokalwahlen von 14 auf 4 Gemeinderäte reduziert wurden.

 Dies repräsentierte eine scharfe Abweichung von den politischen Traditionen des CWI. Die Grundlage für das CWI war 1965 gelegt worden, als Ted Grant und ich in einen scharfen Konflikt mit dem mandelistischen Vereinten Sekretariat der Vierten Internationale (USFI) zu ähnlichen Fragen gerieten. Wir waren Delegierte auf ihrem Weltkongress, aber verließen diesen und kehrten ihnen den Rücken zu, aus Protest über ihr Fallenlassen eines konsequenten marxistischen Zugangs der sich auf die potentielle Macht der Arbeiter*innenklasse stützt. 

Kleine Kräfte zu dieser Zeit, trennten wir uns politisch von Ernst Mandels USFI. Für sie waren es ebenso „neue Kräfte“, die, wie sie argumentierten, die politische Macht der Arbeiter*innenklasse in der Erreichung sozialistischer Veränderung ablösten. Für das USFI waren das angeblich neue Methoden des Kampfes durch ländliche und urbane Guerillagruppen, die von den populären Führern dieser Zeit verfolgt wurden, Mao in China, Tito in Jugoslawien und natürlich Fidel Castro in Kuba. Wir anerkannten die Veränderungen, die in einigen Teilen der Welt durch diese neuen populären Führungsfiguren wie Castro und Che Guevara erreicht wurden, die eine wichtige Rolle in sozialer Veränderung spielten, auch wenn sie keine  echten Marxisten waren. Dennoch verteidigten wir stur aber korrekt die historische Rolle und das Potential der Arbeiter*innenklasse in den Kämpfen die aus unserer Sicht damals international bevorstanden. 

Wir wurden sehr bald durch die Ereignisse bestätigt – die massenrevolitionären Erhebungen, besonders in Frankreich 1968 mit der Arbeiter*innenklasse nach der Macht greifend durch einen Generalstreiks und organisierte Fabriksbesetzungen. Der Skeptizismus von Mandel über das Potential der Arbeiter*innenklasse wurde in der Praxis beantwortet – durch den größten Generalstreik der Geschichte mit zehn Millionen Arbeiter*innen die die Fabriken besetzten. Die französischen Arbeiter*innen hatten ohne Zweifel die Möglichkeit relativ friedlich, zumindest zu Beginn, die Macht zu ergreifen – wäre da nicht die perfide französische KP gewesen und die sogenannten „Sozialisten“. 

Unser Zugang erlaubte uns in der Folge die besten Jugendlichen aus der Arbeiter*innenklasse zu gewinnen, aber auch eine bedeutende Schicht an Jugendlichen an den Universitäten, die sich politisch und historisch auf den Standpunkt der Arbeiter*innenklasse stellten. Das wiederum legte die Basis dafür, dass wir in Britannien effektiv intervenieren konnten, indem wir eine bedeutende Kraft in den Labour Party Young Socialists wurden und schließlich darin die Mehrheit gewinnen konnten. Wir festigten das mit konsequenter geduldiger Arbeit in der Labour Party selbst und bauten eine starke Basis in den Gewerkschaften auf. Diese Arbeit wurde zunächst durch sehr wenige Kader und unsere Zeitung „The Militant“ durchgeführt. Das wurde zu einem Beispiel für andere in Britannien und international, die wiederum sich vom Banner des CWI angezogen fühlten. 

Während große Anstrengungen unternommen wurden um anderswo eine ähnliche Basis aufzubauen, war es nur in Britannien dass der Marxismus/Trotzkismus einen Durchbruch in diesem Maße erreichen und zu einer bedeutenden Kraft zu werden, die fähig war, Ereignisse zu beeinflussen. Wir waren nicht nur ein „Faktor“, sondern in einigen Fragen ein entscheidender Faktor in einigen der großen Kämpfe der Arbeiter*innenklasse. Im Bergarbeiter*innenstreik von 1984 rekrutierten wir 500 Bergarbeiter*innen. Auch im Liverpool Struggle und dem Kampf gegen die Poll Tax waren wir ein wichtiger Faktor. Es war nicht die verräterische „offizielle Führung“ der Labour Party unter Neil Kinnock zu dieser Zeit, die den Weg wies, und auch nicht die Gewerkschaftsführung der TUC (Trades Union Congress, Gewerkschaftsbund)  oder die komplett ineffektiven kleinen Sekten am Rande der Bewegung um Labour. 

Es war Militant das die enorm erfolgreiche Massenbewegung gegen Thatcher in Liverpool in den 80er Jahren anführte, und in diesem Prozess bedeutende konkrete Reformen für die Arbeiter*innenklasse gewinnen konnte. Vor allem waren es Mitglieder der gegenwärtigen Führung des CWIs, die die Strategie und Taktik entwickelten, die in diesen Kämpfe eingesetzt wurden um diese Siege zu erringen. Viele andere Genoss*innen schlossen sich uns später in diesen Kämpfen an. Wenn die Methoden die in Liverpool umgesetzt wurden auch in anderen Städten in Britannien durch die Labour Bewegung eingesetzt worden wären, hätten Thatchers brutale Kürzungen weggefegt werden können. Anstatt nur ein Sieg in einer Stadt – Liverpool, unterstützt vom Gemeinderat in Lambeth – hätten Kämpfe in mehreren Gemeinden der Tory Regierung eine noch empfindlichere Niederlage zufügen können. 

Dennoch waren die Erfolge von Liverpool enorm beeindruckend und zogen Unterstützung von anderswo an. Das wiederum führte zu einem Anstieg des politischen Profils und Unterstützung unter einer steigenden Zahl von Arbeiter*innen für die Ideen von Militant als einer kämpferischen marxistischen/trotzkistischen Organisation sowohl in Britannien und international, besonders da dies sich in der Labour Party und den sich nach links bewegenden Gewerkschaften abspielte. 

Die Massenveranstaltungen unter dem Banner von Militant involvierten tausende junger Menschen und Arbeiter*innen, mit 5000-8000 Teilnehmenden, zuerst im Wembley Konferenzzentrum, und dann in der Albert Hall, schließlich kulminierend in einer spektakulären Versammlung im Alexandra Palace 1988 (wir hatten bei dieser Massenrally fast 500 Kinder in der Kinderbetreuung – die Größe einer Volksschule!). 

 Zur selben Zeit hatten wir in Merseyside – zusätzlich zu unserer Wochenzeitung Militant – eine wöchentliche lokale Zeitung und tausende Mitglieder, damit die effektive Führung der Labour Bewegung in der Stadt. Dutzende von Gemeinderät*innen waren in unseren Reihen organisiert, gemeinsam mit unserem Parlamentarier Terry Fields. Er wurde mit der Beihilfe von Neil Kinock verhaftet dafür dass er Thatchers Poll Tax Widerstand leistete. 

Neben Terry im Parlament gab es andere bedeutende Klassenkämpfer*innen, Dave Nellist, der Parlamentarier für Coventry South-East war und Pat Wall, MP für Bradford North. Dave wurde aus der Labour Party ausgeschlossen für das „Verbrechen“ Thatcher herauszufordern und seine Poll Tax nicht zu bezahlen. Zusätzlich hatten wir 34 Mitglieder unter den hunderten die die Poll Tax nicht bezahlten und dafür ins Gefängnis gingen, als Thatcher versuchte den Widerstand gegen die Poll Tax zu brechen. Es gelang ihr nicht! Wir organisierten durch die Anti-Poll Tax Vereinigung 18 Millionen Menschen im Nichtbezahlen der Kopfsteuer. Es war diese Nichtbezahlungskampagne  – nicht die sogenannte „Schlacht von Trafalgar Square“, die als Symbol des Widerstands bedeutsam war, aber nicht entscheidend – die die Poll Tax besiegte und in diesem Prozess Thatcher Vergangenheit machte. Es waren diese Beispiele die das riesige Potential für die kühne Alternative durch die marxistischen und trotzkistischen Methoden unter der Führung von Militant (nunmehr bekannt als Socialist Party) aufzeigen. 

Nur wenige trotzkistische Kräfte die sich dezitiert auf die Arbeiter*innenklasse stützen – abseits des CWIs in Britannien – haben in anderen Teilen der Welt diese Art von Erfolg erreicht. Einigen gelang es eine breite Basis unter Studierenden aufzubauen, sie schafften es jedoch nicht in die Reihen der Arbeiter*innenklasse und ihrer Organisationen, der Gewerkschaften, einzudringen. Trotzkistische Organisationen in der Tradition der Morenoisten konnten in Argentien und Brasilien bedeutende semi-Massen Durchbrüche erzielen, ebenso wie eine Trotzkistische Organisation in Bolivien durch eine Gruppe angeführt von Lora. 

Es waren die Errungenschaften von Militant in Britannien die die Alarmglocken in den Gängen der bürgerlichen Macht läuten ließen.  Sie führten zu einer Reaktion des kapitalistischen Staats und seinen Handlangern in der Labourbewegung in einer Serie von untergriffigen brutalen Attacken in Kombination mit offen repressiven Maßnahmen gegen Militant und das CWI. Das involvierte eine Kollaboration mit dem rechten Flügel in den Gewerkschaften und das Entsenden von Polizeispionen in unsere Reihen in einem Versuch unseren Einfluss und Größe zu unterminieren. Keine dieser Methoden hätte Erfolg gehabt, wäre nicht der Kollaps des Stalinismus und der ideologische Backlash in seiner Folge gewesen, eine unerwartete und unglückliche Wendung der Ereignisse für die Arbeiter*innenbewegung und uns. In den frühen 1990er Jahren fand eine massive Kampagne statt um „Sozialismus“ zu diskreditieren.

Es ist nötig hier diese Punkte zu machen, nicht um die historischen Errungenschaften der gegenwärtigen CWI-Führung zu wiederholen, sondern um die komplett falschen Behauptungen unserer Gegner*innen zu entkräften. Sie versuchen die wahren Traditionen, Programm, Perspektiven und Methoden des CWIs die zu diesen Erfolgen führten zu verzerren und zu unterminieren.  Mehr noch, dieses Beispiel und diese Tradition kann zu weiteren Massenerfolgen führen, wenn jene, die einen Weg entlang trotzkistischer Methoden suchen, diesen Ideen verpflichtet bleiben, die wir verteidigen und immer noch repräsentieren. 

Die Diskussionen und Differenzen in unserer Internationale entstanden ursprünglich mit der Führung der irischen Sektion des CWI – die eine schwerwiegende opportunistische Anpassung von Seiten der irischen Führung an Identity Politics sowie ihre unehrlichen organisatorischen Methoden offenbarten. Diese Gruppe hat mittlerweile zugegeben, dass sie eine „Untersuchung“ in den Email-Account eines ihrer Mitglieder unternommen hatten. Diese Untersuchung hatte das Ziel Informationen darüber zu erhalten ob dieser in politischer Opposition zur Führung stand. Das haben Eric Byl (aus der Führung der belgischen Sektion) und Stephen Boyd (aus der Führung der irischen Sektion) in einem Brief an die Nigerianische Sektion zugestanden:

„Im July 2018 gab es den ernsthaften Verdacht, dass Emails von führenden Mitgliedern durch einen unserer Gemeinderäte mitverfolgt wurden. Wenn das der Fall gewesen wäre (und sich als bewiesen herausgestellt hätte) hätte der Genosse als öffentlicher Vertreter entfernt werden müssen, weil ihm politisch nicht vertraut hätte werden können. Allerdings ist dies eine ernsthafte Sanktion und wir brauchten Belege und Beweise dafür. Daher trafen drei IEK Mitglieder und Joe Higgins zwei Entscheidungen. Die erste war, dass das dieser ‚Sicherheitsbruch‘ untersucht werden solle. Die Untersuchung wurde durch jenen Genossen durchgeführt, der die ursprüngliche verdächtige Aktivität auf dem betroffenen Computer in unserem Parteibüro entdeckt hatte.  Und zweitens entschieden sie, die Chrome Browser History auf diesem Computer einzusehen, und einen Blick in den Email-Account des ‚Verdächtigen‘ zu werfen, um eventuelle Beweise für dessen Tätigkeit zu finden. Beide waren frei zugänglich sobald Chrome auf diesem Computer geöffnet wurde. Diese Untersuchung war gerechtfertigt und notwendig und legte eine ernsthafte Attacke auf die Partei offen.“

Damit wurde klar zugegeben, dass Mitglieder der Organisation ausspioniert wurden!

Paul Murphy war das ursprüngliche Ziel dieser Untersuchung und der „geheimen“ Überwachungsmethoden der irischen Führung gegenüber „oppositionellen“ Mitgliedern. Das IS stellte sich gegen diese Methoden und verteidigten sein Recht als Parteimitglied und öffentlicher Vertreter seine Ansichten offen gegenüber der Mitgliedschaft darzulegen. Er hatte als öffentlicher Vertreter Ansehen gesammelt, besonders in der Kampagne gegen die Wassergebühren, und war mit Gefängnis und einer langen Gefängnisstrafe bedroht worden. Die Führung der irischen Socialist Party hatte unserer Meindung nach nicht energisch genug eine öffentliche Verteidigungskampagne für ihn geführt, sowohl in Irland wie auch international, um zu verhindern dass Paul und andere angeklagt würden. Das IS intervenierte daher, besonders CWI Generalsekretär Tony Saunois, um die Verteidigungskampagne zu pushen, die auf internationaler Ebene zusammen mit der Kampagne in Irland bedeutend dazu beigetragen hatte, dass die Angriffe von Richtern und Polizei abgewehrt werden konnten.

Derselbe prinzipientreue Zugang wurde jedoch nicht von Paul Murphy eingehalten im Verlauf der Debatte über die internen Methoden der irischen Führung. Er hat sich nun vom IS und in diesem Prozess leider auch vom Trotzkismus entfernt. Er hat angekündigt, dass er sich von der irischen Organisation trennt, und dass er  – opportunistischerweise – mit anderen auf der Linken, wie den Grünen oder Sinn Fein zusammenschließen möchte. Das IS hatte zu einem Zeitpunkt vorgeschlagen, dass man vielleicht nicht im Weg stehen würde, wenn Sinn Fein in einer „linken Regierung“ im Süden von Irland teilnehmen würde, gleichzeitig aber weiterhin die Schwächen von Sinn Feins Programm kritisiert. Das wurde im Perspektivendokument  vorgeschlagen und auf der Konferenz der irischen Sektion beschlossen, aber weil die Situation nicht aufkam, wurde dieser Vorschlag nicht verfolgt. Allerdings zeigte die Diskussion innerhalb der Partei einen sektiererischen Zugang der Irischen Parteiführung gegenüber Fragen von begrenzten Übereinkommen mit „linken“ Oppositionsparteien.

Das bedeutet nicht, dass wir politisch Paul Murphy oder seine Argumente für eine „Einheitsfront“ mit Sinn Fein und anderen unterstützten, vielmehr ging es um eine begrenzte praktische technische Übereinkunft, nicht im Weg einer Regierungsbeteiligung von Sinn Fein zu stehen, wenn das der Wunsch von bedeutenden Teilen der irischen Bevölkerung und besonders der Arbeiter*innenklasse wäre. Eine Einheitsfront bezieht sich für gewöhnlich auf ein Übereinkommen zwischen bestimmten Arbeiter*innenorganisationen in Bezug auf den Kampf für ein klares Programm mit bestimmten Forderungen, während man sein eigenes Programm aufrecht erhält. In bestimmten Fällen kann das sogar die Idee eine „radikalen revolutionären Regierung“ bedeuten. Nichts davon wurde im Fall von Irland vorgeschlagen. Nun hat Paul Murphy diese Idee einen Schritt weiter getragen und ihr einen massiven opportunistischen Twist gegeben. Das schließt den Versuch ein,  mit anderen opportunistischen Kräften zusammenzuschließen, einige von ihnen mit einem  inkonsistenten Track Record in der Gewerkschaftsbewegung.

Dieser Block wird ein weiterer Schritt in der Vertiefung opportunistischer Tendenzen sein, die sich bereits in der Entwicklung der Politik der irischen Führung zeigte. Der Verdacht wird sein, dass Paul Murphy seinen Parlamentssitz um jeden Preis erhalten will. Außerdem arbeitet er mit Philipp Locker zusammen, der vom CWI aus ähnlich opportunistischen Gründen wegbrach und dessen kleine Gruppe sich nun in die DSA aufgelöst hat. Sie stützen sich politisch auf Ideen die sie von uns ausgeborgt haben. Paul Murphys letztes Dokument lobt die Idee der „doppelten Aufgabe“, die wir erstmals nach dem Zusammenbruch des Stalinismus formulierten. Das Bewusstsein war zurückgeworfen worden, nicht nur in Bezug aufs Programm sondern auch organisatorisch: die Notwendigkeit einer Massenpartei der Arbeiter*innenklasse. Wir griffen daher die Idee von neuen Massenparteien der Arbeiter*innenklasse auf, sowie auch die Notwendigkeit von klarem revolutionären Programm und Partei auf Basis des Trotzkismus – daher die „doppelte Aufgabe“

Während der letzten Debatte zu diesen Fragen in Irland, argumentierten Unterstützer*innen der irischen Führung dass das IS und die Führung von England & Wales auch „Identity Politics“ propagieren würden indem wir die zentrale Rolle der Arbeiter*innenklasse betonen würden! Als ob die Arbeiter*innenklasse und die Gewerkschaften, die Massenorganisationen der Arbeiter*innenklasse auf dieselbe Stufe gestellt werden könnten wir sektionale Kämpfe und Organisationen!

Die Frage der Gewerkschaften zeigte eine große Differenz zwischen uns – dem IS – und den Opportunist*innen im CWI, wie sich in den Dokumenten in diesem Buch zeigt. Marxist*innen, Trotzkist*innen haben eine Verpflichtung Arbeiter*innen in den Gewerkschaften  – den grundlegenden Organisationen der Arbeiter*innenklasse – anzusprechen, politisch zu überzeugen und zu schulen.

Die Diskussion zeigte, dass in einigen Sektionen, wie Südirland und Griechenland – während sie in Worten sich zu den Gewerkschaften bekannten, sie in der Praxis aufgehört hatten, Versuche einer systematischen Arbeit in den Gewerkschaften und Betrieben zu unternehmen. In Griechenland kritisierten sie die Bergarbeiter*innen in den Goldminen, und legten ihnen nahe, ihre Jobs aufzugeben, um die Umwelt zu schützen – ohne die Frage von Jobgarantien oder –alternativen aufzuwerfen.

Dem ging eine ganze Periode voran, in der die Irische Organisation falsch aufgebaut wurde – mit einem überbordenden top-down Hauptamtlichenapparat, der hauptsächlich vom Staat finanziert wurde, und die Aktivität nicht von einer geschulten, ideologisch festen Organisation getragen wurde.  Sie hatten in dieser Zeit Differenzen nicht nur mit dem IS, sondern mit der Mehrheit des CWIs, inklusive einiger die sie in der letzten Debatte opportunistisch unterstützten.

Die Irische Organisation hat ohne Zweifel einen kämpferische mutige Geschichte in vielen Kampagnen: Die Wassergebühren, der bedeutende Streik der türkischen Arbeiter*innen des multinationalen Konzerns Gama den sie anführten, ein langer Kampf in der irischen Labour Party gegen den rechten Flügel und dann eine Periode erfolgreicher Arbeit als eigenständige Partei. All das wurde mit Unterstützung des CWIs unternommen, trotz Kritik an einigen Aspekten ihrer Arbeit und dem Fehlen eines echten Übergangsprogramms in den späteren Jahren. Ihre Teilnahme und Rolle im Sieg um die Legalisierung von Abtreibung in Irland 2018 wurde von uns anerkannt.

Wir zollten ihnen Anerkennung bei internationalen Treffen, während wir gleichzeitig die Notwendigkeit Manifestierungen von Identity Politics allgemein und in ihren eigenen Reihen zu bekämpfen hochhielten. Diese Ideen stammen, wie wir erwähnten, hauptsächlich von den US-Universitäten, und beinhalten ein starkes Element von Separatismus.

Führende Vertreter*innen dieser Ideen geben vor „progressiv“ zu sein, aber in Wirklichkeit zielen sie darauf ab die Arbeiter*innenklasse und ihre Kämpfe zu trennen und spalten – und in Wirklichkeit wieder an den Beginn der Arbeiter*innenbewegung zu schicken, als Arbeiter*innen oft sehr gespalten waren. Die Arbeiter*innenbewegung spielte dabei eine entscheidende Rolle darin, sie als einheitliche starke Kraft zusammenzubringen.

Der Marxismus hat historisch zuerst versucht die Arbeiter*innenklasse in der Aktion zu vereinen – und besonders  Arbeiterinnen mit ihren Kollegen – in der Produktion in den Fabriken, in den Betrieben, in den Nachbarschaften und in der Gesellschaft generell. Unsere Gegner*innen – jene die den Kampf auf lange Sicht in sektiererische Bahnen lenken, jene am rechten Flügel der Arbeiter*innenbewegung und ihre quasi-linken Cousins – leugnen natürlich dass das ihr Ziel ist. Aber in der Praxis ist es das, was stattfindet.

Im Krieg ist das erste Opfer die Wahrheit – auch im Klassenkampf. Die herrschende Klasse nimmt diese bürgerliche Maxime als selbstverständlich. Innerhalb der Arbeiter*innenbewegung ist es allerdings nötig, besonders unter jenen die sich als Marxist*innen oder Trotzkist*innen verstehen, dass jene, die die Arbeiter*innenklasse vertreten wollen, sowohl ehrlich bezüglich der objektiven Situation sind, als auch ehrlich mit Kritik umgehen. Lenin betonte, dass in Russland er niemals auf eine ehrliche Tendenz in der Arbeiter*innenbewegung gestoßen ist – außer den Bolschewiki als ernsthafte Vertreter*innen des Marxismus und der Arbeiter*innenklasse.

Es ist unmöglich all die Lügen die gegen uns verwendet wurden zu beantworten. Das sollte man bedenken, wenn man einige der hetzerischen Dokumente liest und mit der Sprache und dem Verhalten von jenen, die in dieser Debatte Identity Politics unterstützten, konfrontiert ist.

Und wenn es irgendeinen Zweifel gibt, dass diese ehemaligen Genoss*innen nicht im Sinne von Identity Politics handelten, dann lest das jüngste Statement von Eljeer Hawkins, einer jener der die Position der Führung der US Organisation gegen uns unterstützt hat. Er schrieb zu einem Kommentar von US-Demokratin Alexandra Ocasio-Cortez der unkritisch in der Zeitung der US-Organisation abgedruckt war: „Ich habe ein Problem mit diesem Statement und den darin implizierten Identity Politics. Wie bauen wir eine geeinte Bewegung der Arbeiter*innen und Armen auf? Universelle Solidarität und eine Klassenanalyse die nicht spezielle Unterdrückung negiert, aber den Kapitalismus und die kapitalistische Klasse als den Feind identifiziert, der Rassismus, Sexismus und Homophobie als Werkzeug der Spaltung, Unterdrückung, Entfremdung und Gewalt einsetzt.“

Dennoch hat die Führung unserer ehemaligen US-Organisation sich nun jenen angeschlossen, die das CWI verlassen und die mit enormen Verzerrungen und Hetze arbeiten, mit sehr persönlichen Attacken, ähnlich jener Stalins gegen die linke Opposition. Das ist nichts Neues. Lenin wurde als „Diktator, bürokratisch, als Befürworter einer Ein-Parteien-Herrschaft, Lügner“ etc.  durch die Menschewiki beschimpft. Die Menschewiki waren die Opportunist*innen in der Russischen Sozialdemokratischen Partei in der Debatte 1904 mit Martow, Plechanow und anderen. Trotzki wurde später von den Stalinist*innen und Reformist*innen mit denselben Methoden behandelt und ähnlicher Dinge bezichtigt. Er wurde beschuldigt seine Gegner*innen von den „Höhen von Oslo“ aus zu belehren, wobei er dort gar nicht lebte und es dort gar keine Höhen gab.

Die ehemalige Führung unserer schottischen und Liverpooler Organisationen, machten ähnliche Anschuldigungen als sie vom Trotzkismus brachen und konnten weder in unserer Organisation Unterstützung finden noch in der weiteren Arbeiter*innenbewegung.  Ihre Verleumdungen wurden nur ineffektive Waffen die von bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Gegner*innen gegen uns verwendet wurden, wann immer es ihnen nutzte. Alan McCombes zum Beispiel, ehemalige Führungsfigur unserer schottischen Organisation machte in der damaligen Debatte ähnliche Anschuldigungen. Das CWI würde sie aus der Anhöhe von Leytonstone in Ost-London belehren, wo wir unsere Zentrale hatten. Das hatte in etwa so viel Effekt wie ein Tropfen Wasser auf einem heißen Stein. Wir haben stets versucht die Wahrheit zu sagen, wenn die Situation es erforderte, egal wie unbequem sie war, sowohl für unsere Mitgliedschaft wie auch für die breitere Arbeiter*innenbewegung.  Das war leider nicht die Methode der Führung unserer ehemaligen irischen Sektion und ihrer internationalen Unterstützer*innen.

Zum Beispiel drückten wir im Rahmen des Liverpool Struggles offen unsere Differenzen mit den Liverpooler Genoss*innen bezüglich der damaligen Kündigungen aus – sowohl in unserer Zeitung wie auch im Buch „Liverpool: A City that Dared to Fight“. Sie waren durch die Situation gezwungen – aus verständlichen aber inkorrekten Gründen –  eine „Taktik“ von Kündigungen auszusprechen, um Zeit zu gewinnen. Wir stimmten damit nicht überein und sagten voraus, dass Kinock diese Attacke gegen die Gemeinderät*innen benutzen würde, was er bei der berüchtigten Labour Party conference 1985 tat. Gleichzeitig gab es auch Debatten in unseren Reihen über die Ernennung von Sam Bond als Sprecher des Gemeinderats.

Hier in diesem Buch gibt es eine Unmenge an Material über unsere Arbeit in Britannien bezüglich der Rechte von Frauen im Allgemeinen und Arbeiterinnen im Besonderen.  Wir taten das sehr effektiv in den 1990ern mit der Kampagne gegen häusliche Gewalt, deren Programm in der Arbeiter*innenbewegung in Britannien aufgegriffen wurde und sich in der Praxis durch die Errichtung von Frauenhäusern und Aktionen für die Opfer häuslicher Gewalt manifestierte. Die Einsparungen der letzten Periode haben bedeutet, dass Gemeinden, inklusive von Labour geführten Kommunen, diese Arbeit durch Kürzungen unterminierten was zur Schließung vieler Frauenhäuser und Einrichtungen für Opfer häuslicher Gewalt führte. Das unterstreicht dass Errungenschaften für einzelne Teile der Arbeiter*innenklasse immer verbunden sind mit dem allgemeinen Klassenkampf und jener der Arbeiter*innenbewegung.

Wo Frauen ihre eigenen Interessen verteidigt haben, mit den großartigen Streiks von Arbeiterinnen in Glasgow 2018 z.B., haben wir an diesen Kämpfen teilgenommen und sie unterstützt – und männliche Arbeiter ermutigt an der Seite der Frauen in den Kampf zu treten. Diese Initiativen wurden von den Frauen im Streik begrüßt. Eine ähnliche Situation trat in Birmingham auf, wo überwiegend männliche Müllarbeiter ihren Streik an der Seite der überwiegend weiblichen Pflegerinnen organisierten. Sie verstanden die entscheidende Notwendigkeit für Klasseneinheit um alle Teil der Arbeiter*innenklasse zu verteidigen. Der Startpunkt für das Sektierertum und die Befürworter*innen von Identitypolitics ist, zuerst die Unterschiede im Bewusstsein von verschiedenen Teilen der Klasse hervorzuheben und zu betonen. Der Zugang von Marxist*innen und Trotzkist*innen tut das Gegenteil: Wir versuchen zu betonen was die Menschen im Kampf vereint. Natürlich erkennen wir die spezielle Unterdrückung von verschiedenen Gruppen an und formulieren entsprechend spezielle Forderungen. Aber gleichzeitig versuchen wir immer die Kämpfe von Arbeiter*innen durch ein gemeinsames Programm zu vereinen, und ihnen durch eine Strategie, wie die Kämpfe gewonnen werden können,  Selbstbewusstsein zu geben.

All die Vorwürfe die dem CWI zu Fragen der Organisation und wie die Partei in der täglichen Arbeit funktioniert, werden in diesem Buch beantwortet – so glauben wir – das versucht, ehrlich unsere Geschichte aufzuzeigen. Unsere Gegner*innen wissen sehr wenig darüber, weil sie nicht an der Arbeit teilhatten, die das CWI grundlegend aufgebaut hat. Die Durchbrüche der 1980er und 1990er, die halfen, die Grundlagen für zukünftige Massenformationen sowie eine Internationale zu legen, wurden im revolutionärem Kern in England and Wales aufrechterhalten und in jenen im CWI die politisch mit unserer Internationale übereinstimmen. Unsere rekonstituierte Internationale wird in der Hitze des Kampfes geschmiedet und zu einem großen Teil von neuen Kräften gebildet werden – und Sektierertum und Opportunismus auf die Seitenlinien der Geschichte verweisen.

Eine zentrale Idee für uns ist dass das kapitalistische System den Becher des Optimismus im wirtschaftlichen Feld bis zum letzten Tropfen geleert hat. Die Produktivkräfte – Wissenschaft, technischer Fortschritt, Arbeit – stecken in einer Sackgasse. In der Politik zeigt sich das durch Spaltungen in der herrschenden Klasse – mehr eine Zersplitterung in Europa, wie sich im Brexit und seinen Folgen gezeigt hat. Es gibt riesige Unzufriedenheit nicht nur in den Reihen der wichtigsten Klasse, der Arbeiter*innenklasse, sondern auch in breiten Schichten der Mittelklassen, die durch den krisengeschüttelten Kapitalismus immer mehr in einen Abgrund der Verzweiflung geworfen werden.

Eine Maßnahme der Massenrevolte die kommt ist dass die Mehrheit der Jugend in den USA – die Millennials – bereits für die Idee des „Sozialismus“ sind, wie der Economist, das brutale Organ des Kapitalismus, in einem jüngsten Leitartikel zugab: „Sozialismus stürmt wieder auf die Bühne weil es eine einschneidende Kritik gibt, was in den westlichen Gesellschaften schief läuft… 51% der Amerikaner*innen zwischen 18 und 29 Jahren haben eine positive Sicht von Sozialismus, sagt Gallup“. Marxist*innen und Trotzkist*innen, wenn sie einen Weg zur Arbeiter*innenklasse finden, müssen sich auf diese Klasse in prinzipientreuer Art und Weise stützen.

Der Kapitalismus steckt in einer Sackgasse – und das nach dem tiefsten Crash seit den 1930ern. Wir haben die wirtschaftliche Krise von 2007/8 erlebt, nur die Auswirkungen der großen Depression der 1930er waren schlimmer. Alle wirtschaftlichen Indikatoren zeigen auf einen neuen großen Crash in der nächsten Periode mit allen negativen Auswirkungen für die Massen.

Wir wollen eine internationale Massenpartei aufbauen, die gegen alle kapitalistischen Regime, die im Moment den Planeten dominieren, gerichtet ist und darauf abzielt eine demokratisch-sozialistische Föderation von Europa und der Welt zu initiieren. Nur dadurch wird es möglich sein, die großartigen Ressourcen des Planeten zu nutzen, die durch die harte Arbeit und Kreativität der Arbeiter*innenklasse aufgebaut wurden, dadurch Hunger und Armut auszuradieren, und gleichzeitig durch eine sozialistisch und demokratisch geplante Wirtschaft eine Umwelt- und Klimakatastrophe abzuwenden.

Sich verschlechternde und unakzeptable Lebensbedingungen sind nicht genug um ernsthafte Veränderung zu bewirken. Auch allein die Bereitschaft der Arbeiter*innenklasse gegen die unmittelbaren Bedingungen zu kämpfen ist nicht genug. Sogar die Bereitschaft gegen den Kapitalismus als Ganzes zu kämpfen, die offensichtlich ist in den gegenwärtigen unablässigen Aufständen und in der Umweltbewegung, ist nicht genug.

Nur wenn alle Bedingungen für eine Revolution gegeben sind – eine Spaltung in der herrschenden Klasse; die Mittelklassen in Aufruhr und hin zur Arbeiter*innenklasse neigend um einen Ausweg zu finden; ein Gefühl unter den Massen der Arbeiter*innenklasse dass wir „nicht länger so leben können“ – nur dann wird es möglich sein, eine sozialistische Revolution zu erreichen, die größte soziale Umwälzung in der Geschichte.

Allerdings können alle diese Bedingungen erfüllt sein – wenn die wichtigste fehlt, eine revolutionäre Massenpartei, kann die Revolution entgleisen. Leo Trotzki nannte dies den „subjektiven Faktor“, eine revolutionäre Massenpartei mit einer geschulten, weitsichtigen politischen Führung, die dem Druck des Kapitalismus und seiner Agenten in der Arbeiter*innenbewegung  – der „reformistischen“ Gewerkschaftsführung – standhalten kann.

Selbst die günstigste revolutionäre Situation kann verloren werden, wenn es keine revolutionäre Massenpartei gibt. Diese muss systematisch aufgebaut werden mit der fundamentalen Idee einer sozialistischen Revolution, mit der Arbeiter*innenklasse als zentrale, dominierende Trägerin dieser Revolution. Das ist der einzige Weg die Menschheit vom Kapitalismus zu befreien, einem System das uns in den Schlund steigender Armut, Abstieg und Elend zieht. Die Menschheit kann den Planeten selbst nur durch eine sozialistische Revolution vor dem katastrophalen Klimawandel retten.

 “Sagen, was gesagt werden muss; tun, was getan werden muss“, sagte Trotzki. Er hat nicht nur platonisch die Notwendigkeit einer Massenarbeiter*innenpartei mit revolutionärer Führung befürwortet. Er war stets sehr aufmerksam, welche Aufgaben selbst die Sammlung von Bausteinen für eine solche Kraft beinhaltet.  Er redet die Hindernisse nicht klein: „Die Auswahl und Ausbildung einer wahren revolutionären Führung, die fähig ist, dem Druck der Bourgeoisie zu widerstehen, ist eine außerordentlich schwierige Aufgabe.“ Schwierig, aber nicht unmöglich! Die Arbeit und Geschichte des echten Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale – und seiner Parteien und Formationen – hat das klar demonstriert.

Die konsistente Klassenanalyse in diesem Buch ist äußerst relevant für die aktuelle Situation vor der alle Sozialist*innen und Revolutionär*innen heute stehen – inklusive jener in den Reihen des CWIs. Wir sind oftmals bereits feindlichen Klasseneinflüssen gegenübergestanden, und manchmal hat sich das leider in unseren Reihen ausgedrückt, besonders nach dem Zusammenbruch des Stalinismus. Die daraus folgenden Debatten kommen daher, weil jene, die – wie in der jüngsten Debatte und Spaltung – nach Abkürzungen suchen, unvermeidlicherweise mit dem Argument kommen, dass wir „Verbündete“ brauchen, besonders wenn die Arbeiter*innenklasse und ihre Organisationen nicht stark oder aktiv genug scheinen bzw. nicht in unmittelbarem Konflikt mit dem Kapitalismus stehen.

Es liegt nichts Neues in diesem Versuch, einen „einfacheren“ Weg zu finden, die Arbeiter*innenklasse zu beeinflussen, indem unser Zugang und das Programm des Marxismus verwässert wird. Leider bedeutet das, auf Sand zu bauen. Viele Trotzkist*innen haben in der Vergangenheit und selbst heute gegen denkbar große Hindernisse gekämpft aber aufgrund einer gewissen Isolation aufgrund der aktuellen ungünstigen Umstände  – besonders in den fortgeschrittenen Industrieländern im Nachkriegsaufschwung – schien die Arbeiter*innenklasse an der Oberfläche politisch ruhig und sogar den Kapitalismus akzeptierend.

Militant – sogar vor der Entstehung des CWIs – kehrte diesen falschen Methoden den Rücken zu und nahm die Aufgabe auf, Arbeiter*innen, junge Arbeiter*innen vor allem, und versuchte dann durch diese einen Weg zu den Massen der Arbeiter*innenklasse zu finden. Wir müssen alle ideologisch kleinbürgerlichen politischen Trends, die darauf abzielen zu spalten und Separatismus in die Reihen der Arbeiter*innenbewegung zu tragen bekämpfen und besiegen. Während Marxist*innen die Rechte aller unterdrückten Minderheiten verteidigen und unterstützen und gegen deren spezielle Unterdrückung kämpfen, müssen wir immer die maximale Einheit der Arbeiter*innenklasse suchen und betonen.

Warum ist es so, dass es nur in Russland bisher eine erfolgreiche demokratische sozialistische Revolution durch die Arbeiter*innenklasse gab, trotz vieler Revolutionen und revolutionärer Situationen in den letzten 150 Jahren? Die Dialektik der Geschichte hat bewirkt dass eine marxistische Partei mit den modernsten Ideen sich zuerst in einem wirtschaftlich rückständigen Land entwickelte aufgrund der einzigartigen Umstände, die Trotzki in seiner berühmten Theorie der permanenten Revolution vorwegnahm. Das und die Existenz der Führung der bolschewistischen Partei – angeführt von Lenin und Trotzki – resultierte im Sieg der russischen Revolution 1917, deren unmittelbare Effekte international spürbar waren. Der verrottete Kapitalismus wird nicht automatisch von der Bühne der Geschichte verschwinden. Es ist ein System, das nicht mehr vom „Durchschnittsmillionär“ dominiert wird wie in der Vergangenheit, sondern von einer Handvoll Oligarchen – Milliardären – die nun so viel Macht halten wie ganze Staaten  oder Staatsföderationen in der Vergangenheit.

Nötig ist eine machtvolle Bewegung der Arbeiter*innenklasse, die hinter sich alle unterdrückten Schichten versammelt, die bereits vom historisch überholten Kapitalismus entfremdet sind und bereit gegen ihn zu revoltieren und ihn zu besiegen, um ihn mit globalem Sozialismus zu ersetzen.  Antworten darauf, wie diese enorme Aufgabe zu bewältigen ist, besonders durch die neue Generation, liegen im Lesen und Absorbieren der Lehren, die sich in diesem Buch finden, und in den Methoden von Trotzki und Lenin – um  die politischen Waffen zu schmieden, die diese neue sozialistische Welt schaffen werden.