Die Frist für das BGE Volksbegehren ist abgelaufen – es hat gerade mal 70.000 Unterschriften gebracht. Das geringe Resultat war bestimmt eine Enttäuschung für jene die es unterschrieben haben. Gleichzeitig ist das Ergebnis Zeichen einer Skepsis gegenüber einem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) durch einen großen Teil der Bevölkerung. Aber die Frage wie wir ein Einkommen erkämpfen können von dem man leben kann bleibt.
Die Diskussion um das BGE ist wichtig, da sie das Recht eines jeden und einer jeden auf ein Einkommen thematisiert, das ihre fundamentalen Bedürfnisse abdeckt. Die Diskussion wird durch die Debatte über Automatisierung befeuert sowie dadurch dass immer mehr Menschen in prekäre Jobs gedrängt werden. Viele kommen als Working Poor mit ihrem Lohn nicht mehr aus oder haben mehrere prekäre Jobs. Es ist verständlich dass die Unterstützung für ein BGE wächst, da die Gewerkschaftsführung in der Vergangenheit keine ernsthaften Kampagnen gegen prekäre Arbeitsbedingungen geführt hat. Das was viele, die das Volksbegehren für das BGE unterschrieben haben, in Wirklichkeit aber damit meinen ist ein Arbeitslosengeld ohne Schikanen und Befristung.
Das ist aber nicht, was ein BGE eigentlich bedeutet. BGE bedeutet dass jeder, unabhängig vom Einkommen, vom Staat monatlich einen bestimmten Betrag erhalten. Ganz gleich, ob man erwerbslos, lohnabhängig beschäftigt oder selbstständig, ob man steinreich oder bitterarm ist. Der gleiche Betrag für alle – ohne Bedürftigkeitsprüfung, ohne Arbeitszwang.
Die Idee eines BGE wird daher nicht nur von der Linken vorangetrieben. Es gibt auch Unternehmer/innen und neoliberale Politiker/innen (z.B. von der CDU in Deutschland) die ein BGE unterstützen. Zu den prominenteren Unterstützer/innen von dieser Seite gehört auch Milton Freeman, der es als Möglichkeit sah, Sozialprogramme zu kürzen und staatliche Dienstleistungen für den privaten Sektor zu öffnen. Ein BGE könnte daher als trojanisches Pferd für Kürzungen fungieren.
Wie und in wessen Interesse ein BGE umgesetzt wird, hängt sehr stark vom Kräfteverhältnis zwischen Arbeiter/innenbewegung und Unternehmen ab. Die Kürzungen bei der Mindestsicherung durch schwarzblau zeigen das.
Ein weiterer Grund, warum ein BGE problematisch ist, ist dass es die notwendige Einheit der erwerbstätigen und arbeitslosen Teile der Arbeiterklasse praktisch unmöglich macht. Das „bedingungslose Grundeinkommen“ würde staatliche Leistungen, die ja letztlich aus der Erwerbsarbeit finanziert werden, nicht nur denen, die sie benötigen, sondern auch denen zukommen lassen, die ohnehin mit der Ausbeutung der Beschäftigten Profite machen.
Das BGE würde außerdem wie ein universeller Kombilohn wirken und wie eine staatliche Lohnsubvention. Aus diesem Grund sind auch Elon Musk oder Mark Zuckerberg Anhänger eines BGE. Die Kapitalbesitzer müssten den Wert der Ware Arbeitskraft (also das, was zu deren Erhaltung notwendig ist) nicht mehr direkt in Form von Löhnen zahlen, weil die Existenzsicherung ja bereits aus Steuermitteln (und damit indirekt wiederum durch die Arbeitnehmer/innen) über den Sockel des BGE finanziert werden soll. Die schreiende Ungerechtigkeit der Einkommensverteilung im Kapitalismus würde durch das BGE also zu-, und nicht etwa abnehmen.
Die Enttäuschung von vielen Arbeitslosen über das Verhalten der Gewerkschaftsführung im Kampf gegen Mindestsicherungskürzung, gegen die Massenarbeitslosigkeit und die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse darf nicht zur Flucht in Scheinlösungen führen.
Die Alternative sollte vielmehr die Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle die dazu in der Lage sind sein – z.B. durch eine 30-Stundenwoche ohne Lohnverlust und mit Personalausgleich. Gleichzeitig ist ein Mindestlohn nötig, von dem man leben kann. Das Arbeitslosengeld muss unbefristet und ohne Schikanen ausgezahlt werden und auf einem Level liegen, das die Bedürfnisse der Menschen abdeckt. Gleichzeitig sind Schritte nötig um gute Jobs zu schaffen die den Stärken und Talenten der Menschen gerecht werden. Für all diese Forderungen müssen die Gewerkschaften Kampagnen und Kämpfe organisieren. Mit dem Kampf für diese Forderungen ist auch die Transformation der Gewerkschaften in demokratische und kämpferische Organe verbunden.
Letztlich sind es die Beschäftigten, die den gesellschaftlichen Reichtum produzieren. In einer sozialistischen Gesellschaft geht es darum, dass wir den technischen Fortschritt für die Menschheit nutzen können und dafür dass unangenehme Tätigkeiten automatisiert werden. Durch Aufteilung der Arbeit die übrig bleibt auf alle bei vollem Lohn und Personalausgleich geht das. Die Idee einer radikalen Arbeitszeitverkürzung in einer sozialistischen Gesellschaft wäre tatsächlich dass wir nur noch zwei oder drei Stunden am Tag arbeiten müssen und dennoch das selbe Einkommen wie für 8 Stunden bezieht. Bzw. müssen wir auch die Löhne erhöhen, denn auch die sind global gesehen viel zu niedrig. Natürlich muss das auch mit Umschulung verbunden werden. Aber das entscheidende ist, dass dadurch der technische Fortschritt überhaupt erst vorangetrieben wird, weil erst dann die volle Kreativität der Mitarbeiter/innen entfaltet wird, wenn sie wissen, dass ihnen jede Idee auch zu Gute kommt und sie nicht ihren eigenen Job abbauen. Finanziert werden muss eine solche radikale Arbeitszeitverkürzung dadurch dass die Schlüsselbetriebe in Gemeinbesitz übernommen werden. Das heißt die Produktion für Profite muss ersetzt werden durch eine Wirtschaft die nach den Bedürfnissen der Gesellschaft und der Individuen demokratisch geplant wird.
